Baden-Württemberg und Bayern wollen das Geschäft mit Flusstouristen nicht länger den Österreichern überlassen. Eine Werbekampagne soll den Beginn des Donauverlaufs für Touristen interessanter machen – ein deutsches Problem ist allerdings die mangelnde Schiffbarkeit des Stromes.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Ulm - Bier und Barock, das wissen nach Ansicht maßgeblicher süddeutscher Touristikfachleute viel zu wenige Reisende, säumen überreich den Donaulauf in Baden-Württemberg und Bayern. So sieht man von Süddeutschland aus zu, wie sich im Sommer täglich Scharen von Ausflüglern auf eines der Donauschiffe setzen, um dann „Schwupps nach Österreich“ zu entschwinden, wie es Jens Huwald ausdrückt, der Chef der Bayern Tourismus Marketinggesellschaft. Auch weiter nach Osten werde die Donau besser in touristische Strategien eingebunden. „Unsere Anrainerstaaten laufen uns den Rang ab.“

 

Mit dieser Einseitigkeit des Geschäfts soll nun Schluss gemacht werden, und ausgedacht hat sich das Petra Hedorfer, die Vorstandschefin der Deutschen Zentrale für Tourismus mit Sitz in Frankfurt. Zwar kämen jährlich rund eine Million internationaler Gäste in die deutschen Donaustädte von Donaueschingen bis Ingolstadt, sagt die Touristikfachfrau, aber das Potenzial liege viel höher. Steigerungen von jährlich vier bis fünf Prozent seien drin.

Eine Kooperation soll die Wende bringen

Die Wende soll nun ein Kooperationsvertrag zwischen den Bayern und der Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg bringen. Mit einem Marketingbudget von 600 000 Euro wird bis 2017 die „junge Donau“ beworben, weitgehend mithilfe der üblichen Klaviatur des Reisegeschäfts: Fachzeitungs- und Onlineanzeigen, Pressefahrten für internationale Journalisten, Bloggerkampagnen vor allem in Österreich oder die Beklebung von Stadtbahnen in Zürich mit zündenden Werbeslogans.

Die Bayern werben für sich mit dem Motto „Gegen den Strom“, das den dringenden Wunsch enthält, die Touristen mögen sich bei der Reiseplanung nicht stets in Richtung des Endpunktes Schwarzes Meer orientieren. Die Baden-Württemberger werben für ihren Flussabschnitt mit dem Merkbegriff „Quelle Europas“.

Am Dienstag haben die Tourismusgesellschaften ihre seit mehr als zwölf Monaten ausgetüftelten Pläne in Ulm öffentlich gemacht. Als Pate für Baden-Württemberg ist der Tübinger Eiszeitforscher Harald Floss aufgetreten. Er schilderte, wie vor Zehntausenden Jahren der aus Vorderasien eingewanderte Mensch schon einmal gegen den Donaustrom gegangen sei, ihn als „Orientierungslinie“ bei der Suche nach Nahrung und neuen Lebensräumen nahm. Es sei kein Zufall, dass ausgerechnet in den Höhlen der Schwäbischen Alb die ältesten Kunstwerke und Instrumente der Menschheit gefunden worden seien, sagte Floss. Mehr noch: „Die Donau ist schuld, dass wir alle da sind.“

Die Eiszeitkunst und die Museen sollen Touristen locken

Bald sollen mehr Touristen aus Österreich, den Niederlanden und der Schweiz, danach auch aus Italien und den USA, etwas von den berühmten Fundstücken und den Fundstellen aus der Eiszeit sehen, sollen die Museen in Ulm und Blaubeuren oder Tübingen aufsuchen oder den Archäopark in Niederstotzingen. Sie sollen außerdem Genussradeln in Donaueschingen, den Donauberglandweg in Tuttlingen begehen, an einem Bierbrauseminar in Ehingen teilnehmen oder – Sensation – Wein trinken in Passau. Viele Programmtipps, bekannte und neue, sind zusammengefasst auf der neuen Homepage www.die-junge-donau.de.

Gezielt ist die gesamte Kampagne auf die „Best Ager“ und Aktivtouristen im Allgemeinen, also Menschen, die bereit sind, in den Fahrradsattel zu steigen oder die Wanderschuhe zu schnüren. Die Schar der Kaffeefahrer, die es bevorzugt, bei einer Tasse Ovomaltine Burgen und Schlösser an sich vorbeiziehen zu sehen, wird auch künftig schwer zu locken sein, denn an Donauflussfahrten wie in Österreich ist zumindest auf baden-württembergischer Gemarkung nicht zu denken. Zu viele Stauwehre verlegen den Weg, zudem fehlt es an Wasser unter dem Kiel schwerer Dampfer. Was den Tourismus mit Kanufahrern anbelangt, stehen schon bisher die Veranstalter in einem schwierigen Verhältnis zu den Naturschützern, die die Donauauen als Rückzugsgebiet seltener Fisch- und Vogelarten zu erhalten trachten.

Touristen müssten mit flachen, leisen Solarfähren in den Donaustädten abgeholt werden, findet der Ulmer CDU-Stadtrat Siegfried Keppler. Das wäre eine Lösung. Recht hat er. Aber ein süddeutsches Bündnis, das so etwas finanziert, müsste erst noch geschmiedet werden.