Die Übernachtungszahlen sind in Deutschland im vergangenen Jahr erneut um drei Prozent auf 460 Millionen gestiegen, sind aber längst nicht mehr das Maß aller Dinge, wenn es um erfolgreiche Arbeit in den Tourismusorganisationen vor Ort geht.

Stuttgart - Es gibt nicht nur den einen Weg, wenn es darum geht, die Tourismusorganisationen in Deutschland fit für die Zukunft zu machen. Beim Germany Day des Magazins für Touristik & Business Travel (FVW) auf der CMT setzten sich 38 Fachleute mit der Zukunft ihrer Branche auseinander. Die Übernachtungszahlen sind in Deutschland im vergangenen Jahr erneut um drei Prozent auf 460 Millionen gestiegen. Aber nicht mehr der einzige Indikator, wenn es um erfolgreiche Arbeit in den Tourismusorganisationen geht. Gastfreundschaft, Qualität oder Wertschöpfung sind ebenfalls wichtige Erfolgskriterien. Hinzu kommt die Konkurrenz durch Online-Reiseanbieter und die steigende Bedeutung der Digitalisierung.

 

Diverse Referenten präsentierten spannende Ansätze, wie man sich fit machen kann für die Herausforderungen. Immer wichtiger werden auch professionell agierende Leistungsträger vor Ort in Hotels und in der Gastronomie. Deshalb macht es für den Berater Bastian Hiller wenig Sinn, auf Internetseiten mit spektakulären 360 Gradfilmchen und Hochglanzfotos Erwartungen bei Touristen zu wecken, die dann nicht erfüllt werden können. Statt glückliche würde man dann enttäuschte Gäste zurücklassen. „Es geht darum die erlebbare Qualität vor Ort besser zu machen“, sagt Hiller und setzt dabei vor allem auf eine bessere Qualifizierung der Mitarbeiter in Tourist-Informationen. „Sie müssen keine IT-Experten sein, aber lernen, digital zu denken und vor allem gerne Gastgeber sein“, sagt Hiller. Aber auch die Bevölkerung spielt in Sachen Gastfreundschaft eine immer größere Rolle. Die Online-Plattform „Du bist Basel“ ist ein Beispiel dafür, wie Einheimische als Botschafter und Wissensvermittler mit Auskünften und Freundlichkeit dafür sorgen können, dass sich Besucher wohl fühlen.

Peter Zimmer, Tourismus-Experte aus Köln, geht einen Schritt weiter und wünscht sich, dass „der Tourismus in die häusliche Pflege übergeht.“ Kopenhagen sei diesen Weg gegangen und präsentiere sich nicht als Stadt für Touristen, sondern für Menschen.

Online Hilfe für Gastronome

Auf Qualitätssicherung setzt Birgit Grauvogel, Geschäftsführerin bei der Tourismus- Zentrale im Saarland. Um die Qualität der 70 Premiumwanderwege aufrecht zu erhalten, wurde eine Touren-App entwickelt, die gleichzeitig einen integrierten Mängeldetektiv enthält, mit dem die Besucher sofort auf Schäden hinweisen können. Der virtuelle Kritikkasten sorgt dafür, dass Schäden zeitnah behoben werden können und wurde 2012 mit dem deutschen Tourismuspreis ausgezeichnet.

Jede Tourismusorganisation steht auch in Abhängigkeit zu ihren Leistungsträgern wie Hoteliers und der Gastronomie. Ein sogenannter Online-Touristik-Lotse wiederum bietet Hilfestellung für die rund 200 registrierten Gastronomen in dem kleinen Bundesland, die eine Checkliste mit 100 Punkten durcharbeiten können. „Es ist ein Modell weg vom analogen Coach hin zum virtuellen Berater“, sagt Birgit Grauvogel. Hinzu kommt ein Anreizsystem mit virtuellen Auszeichnungen für besondere Leistungen. Um den Ansprüchen gerecht zu werden, hat die Tourismus Zentrale zudem einen Leitfaden entwickelt „Wie werde ich Gastgeber“.

Der Politik klarmachen, für was Tourismusorganisationen stehen

Einen anderen Ansatz wählt Hansjörg Mair, Geschäftsführer von Schwarzwald Tourismus. „In fast jedem Tal bei uns gibt es einen Weltmarktführer“, sagt der gebürtige Südtiroler. Diese müsse man für den Tourismus gewinnen. Er sieht die Organisationen deshalb auch als Wirtschaftsförderungsgesellschaft und nennt ein Beispiel: „Wenn Rolf Benz mit dem Zusatz ,Made in Black Forrest’ wirbt, dann ist das auch positiv für das Image des Schwarzwaldes.“

Unter den Teilnehmern war auch Elmar Kunz, seit Januar stellvertretender Geschäftsführer für Tourismus und Event in Ludwigsburg „Die Organisationen werden nicht überflüssig werden, müssen aber vielfältiger werden und sich gleichzeitig spezialisieren“, sagt Kunz. Kunz nimmt auch die Erkenntnis mit nach Hause, dass wirtschaftliche und qualitative Effekte gleichermaßen wichtig sind und die Vernetzung beispielsweise mit der Stadt Stuttgart und der Region Baden-Württemberg immer wichtiger wird. „Wir brauchen einander“, sagt Kunz.

Zudem müsse man der Politik immer wieder klarmachen, für was Tourismusorganisationen stehen. Gleichzeitig müsse man auch der Bevölkerung klarmachen, dass von Innovationen im Tourismus in erster Linie zuerst die Einheimischen profitieren.