Die traurige Jubiläums-Tournee endet für Severin Freund vorzeitig. Der formschwache Bayer reist wegen einer Erkrankung vor dem dritten Wettbewerb in Innsbruck ab.

Innsburck - Ein grippaler Infekt hat Severin Freund von seinen sportlichen Leiden erlöst. Am Dienstagabend packte der von seinem anhaltenden Formtief entnervte Skisprung-Weltmeister seine Koffer und reiste vorzeitig von der 65. Vierschanzentournee aus Innsbruck ab. „Ich habe mich von Sprung zu Sprung schlechter gefühlt und mich im Hotel von unserem Teamarzt untersuchen lassen. Der diagnostizierte einen grippalen Infekt und hat mir eine Pause und Ruhe verordnet“, berichtete Freund am Mittwoch in einer DSV-Mitteilung.

 

Ausgerechnet die zehnte Teilnahme an der prestigeträchtigen Traditionsveranstaltung endete für den Vorjahreszweiten in einem Desaster. „Es ist das erste Mal, dass ich aus einer laufenden Tournee aussteigen muss. Das ist zwar bitter, aber da es in der Saison noch einiges zu holen gibt, wäre es unklug, nicht auf den eigenen Körper zu hören“, begründete der 28-Jährige seinen vorzeigen Abschied.

Ins Tal gequält

Der dürfte dem Team-Olympiasieger nicht schwer gefallen sein. Sowohl in Oberstdorf als auch in Garmisch-Partenkirchen hatte sich Freund mehr schlecht als recht ins Tal gequält. Und auch in der Qualifikation am Bergisel enttäuschte er als 47. „Der erste Trainingssprung war ganz gut, aber danach habe ich wieder rapide abgebaut. Das ist extrem nervig“, haderte Freund danach.

Das ärztliche Bulletin kam da gerade recht. Laut DSV-Arzt Mark Dorfmüller hatte sich Freunds Erkrankung bereits am Dienstagmorgen abgezeichnet. „Leider hat sich sein Zustand dann an der Schanze in Innsbruck verschlechtert. Ich habe Severin daraufhin eine Wettkampfpause verordnet und die Abreise aus dem Teamhotel empfohlen. Leistungssport auf höchstem Niveau macht unter diesen Voraussetzungen keinen Sinn“, sagte Dorfmüller.

Die Pause für den besten deutschen Skispringer der vergangenen Jahre war ohnehin unausweichlich, denn der im Frühjahr an der Hüfte operierte Freund hatte zuletzt nichts mehr auf die Reihe bekommen. „Wir sind nicht zufrieden und er ist nicht zufrieden“, kommentierte Bundestrainer Werner Schuster die ungewohnte Situation.

Schlecht gesprungen

Platz 20 in Oberstdorf, Platz 21 in Garmisch - so schlecht war Freund im Weltcup zuletzt vor fünf Jahren gesprungen. Bei der 60. Tournee wurde er in Innsbruck 21. und in Bischofshofen gar nur 30. Zuvor war er auf den deutschen Stationen allerdings jeweils in die Top Ten gekommen.

Davon kann der Gesamt-Weltcupsieger von 2015 derzeit nur träumen. „Im Moment ist arg viel Zufall dabei“, sagte Freund. „Ich muss jetzt irgendwann mal mehrere gute Sprünge am Stück hinbekommen, damit sich das Ganze stabilisiert.“

Wann Freund in den Weltcup zurückkehrt, ist offen. Schuster will seinem Musterschüler die nötige Zeit geben. Spätestens bei der Weltmeisterschaft Mitte Februar in Lahti soll der Champion von 2015 sein Potenzial wieder abrufen. „Ich habe keinen Grund, grundsätzlich daran zu zweifeln, dass er bis zur WM in Form kommt. Ob er dann wirklich in Medaillenform ist, steht noch in den Sternen. Aber aus dem Team würde ich ihn im Moment nicht wegdenken wollen“, sagte Schuster.

Power, aber Koordinationsproblem

Zweifel an seinem jahrelangen Frontmann lässt Schuster (noch) nicht aufkommen. „Wenn er seine sieben Sachen beisammen hat, kann er auch wieder vorangehen. Ich denke schon, dass wir das hinbekommen“, sagte der Bundestrainer.

Zumal er weiß, woran Freund arbeiten muss. „Er kommt nicht hoch genug vom Schanzentisch weg. Er hat eigentlich die Power, aber er hat ein Koordinationsproblem. Er verliert den Schwerpunkt und muss dann immer eine Kompensationsbewegung machen. Dadurch kommt er viel zu flach weg und muss dann in der Luft wie ein Löwe kämpfen“, beschrieb Schuster das Dilemma des 22-maligen Weltcupsiegers. Der verabschiedete sich kämpferisch in die Zwangspause: „Aufgesteckt wird auf keinen Fall.“