Erst früh dran, hat der US-Spielwarenhändler Toys-R-Us auf der Strecke den digitalen Anschluss verloren. Doch das Scheitern des Riesen könnte auch eine Chance für viele Zwerge in der Branche sein, meint Wirtschaftsredakteur Thomas Thieme.

Stuttgart - Die Kleine-Kinder-, Große-Kinder-Welt ist aus den Fugen geraten. Der Werbejingle, mit dem Toys-R-Us seit den späten achtziger Jahren den deutschen Markt erobert hat, ist in die Jahre gekommen. Das Gleiche gilt auch für die riesigen Spielwarentempel in den USA und in Großbritannien, in denen nun bald der finale Ausverkauf startet. Den 68 deutschen Filialen bleibt dieser Schritt zunächst erspart – es dürfte in vielen, wenn nicht den meisten Fällen aber nur eine Frage der Zeit sein, bis auch hier die Lichter ausgehen.

 

Für die rund 1800 Beschäftigten in Deutschland ist das keine gute Nachricht. Allerdings besteht beim Blick auf den heimischen Arbeitsmarkt Grund zur Annahme, dass die meisten Spielwarenverkäufer einen neuen Job finden würden. Im Einzelhandel sind momentan Tausende Stellen unbesetzt. Auch das ist ein Signal dafür, dass weiß Gott noch nicht alle Verbraucher auf Online-Shopping umgestiegen sind.

Doch die Kunden, darauf weist der Bundesverband des Spielwareneinzelhandels zu Recht hin, wollen künftig beides: vor Ort im Laden einkaufen und online im Netz. Wieso sonst denkt selbst der Online-Gigant Amazon wohl intensiv über die Eröffnung von eigenen Geschäften nach. Für die großen Handelsketten muss das keine schlechte Nachricht sein; sie können es sich leisten, in beide Kanäle und deren sinnvolle Kombination zu investieren.

Gescheiterte Liaison mit Amazon leitete den Niedergang ein

Genau da liegt das Problem von Toys-R-Us. Die Amerikaner waren sogar früh dran beim Ausbau ihres Online-Vertriebs. Schon in den späten neunziger Jahren haben sie Spielwaren über das Internet verkauft, ab der Jahrtausendwende waren sie dann Exklusiv-Partner für Spielsachen und Babyartikel von Amazon. Doch 2004 zerbrach die Liaison, man traf sich vor Gericht und ging getrennte Wege. Toys-R-Us vernachlässigte dann das eigene Online-Geschäft, expandierte stattdessen weiter in der Fläche und lastete sich damit hohe Fixkosten zu den ohnehin drückenden Schulden auf.

Die Ironie beim Scheitern des Riesen Toys-R-Us ist, dass er den unterlegenen Zwergen wieder Perspektiven eröffnen könnte, die nicht über die Mittel verfügen, um alle Kanäle zu bedienen. Der Kuchen wird – wie so oft nach dem Sturz eines großen Marktteilnehmers – neu verteilt. Und er wird, das ist die tröstliche Nachricht des Tages, auf absehbare Zeit nicht kleiner.