Traditionsveranstaltung in Göppingen Werden diese Theatertage die letzten sein?

Das „Ensemble des Augenblicks“, frisch gekürter Preisträger des deutschen Amateurtheaterpreises, eröffnet die Theatertage. Foto: privat

Neun Gruppen aus vier Ländern spielen ihre Stücke beim 48. Göppinger Amateurtheatertreffen vom 16. bis zum 19. November. Doch es mehren sich die Hinweise, dass es die letzten Theatertage sein könnten.

Nach zuletzt zwei Absagen werden vom 16. bis zum 19. November erstmals seit 2017 wieder die Göppinger Theatertage stattfinden. Doch eine vom Landkreis in Auftrag gegebene Potenzialanalyse könnte das Comeback jäh wieder beenden. In der Analyse wird erwogen, die Mittel für die Theatertage einzusparen und bereits ab 2023 keine Zuschüsse mehr für das traditionsreiche Amateurtheatertreffen einzustellen. „Aufgrund der schwierigen konjunkturellen Lage“, schreibt Landrat Edgar Wolff auf Anfrage unserer Zeitung, „ist es mit Blick auf die Landkreisfinanzen wichtig, gegebenenfalls gegensteuern zu können – unter Umständen auch mit Blick auf die finanzielle Unterstützung der Theatertage.“ Als Landkreis jedoch, der die Theatertage bereits annähernd 60 Jahre trage, sei „uns deren Fortbestand wichtig“, so Wolff weiter.

 

Der Zuschussbedarf beträgt 34 000 Euro

Es geht konkret um einen Zuschussbedarf von 34 000 Euro für das zweijährlich stattfindende Festival, das auch von der Stadt Göppingen und vom Land unterstützt wird. Damit wurden die Fachleiter Margarete Kienzle und Ralf Rummel kalt erwischt: Erst 2019 hatte man – um den bisherigen Organisator der Theatertage, das Jugendamt, zu entlasten – den Freundeskreis der Theatertage gegründet und als neuen Ausrichter gewonnen. Kienzle und Rummel haben daraufhin erste Fäden für ein Netzwerk und weitere Kooperationen gesponnen. Nun scheint der finanzielle Unterbau dieser Bemühungen gefährdet. Der Jugendhilfe- beziehungsweise Verwaltungsausschuss soll jetzt über das Aus für die Theatertage entscheiden, allerdings erst nach dem Festival im November. Damit lässt man Veranstalter, Teilnehmer und Publikum während der Theatertage im Unklaren, ob es weitergeht.

Trotz dieser Unsicherheit freuen sich die Veranstalter, wenngleich etwas gedämpft, auf die Spieltage. Eröffnet werden die Theatertage am 16. November vom frisch gekürten Träger des Deutschen Amateurtheaterpreises, dem Ensemble des Augenblicks aus Bad Belzig bei Berlin. Insgesamt stellen neun Gruppen aus Deutschland, Österreich, Ungarn und den Niederlanden ihre Stücke vor. Mit dabei sind bekannte Teilnehmergruppen, aber auch neue Gäste mit Spielerinnen und Spielern aus allen Altersgruppen. Die Palette reicht von Klassikerinszenierungen bis zu eigenen Stücken, von Goethes Faust bis zu den Erfahrungen von Corona ausgebremster Jugendlicher, vom Maskentheater über Dokutheater bis zur Collage mit Musik und Tanz. Erweitert wird das Programm in diesem Jahr durch einen Special-Act-Abend, bei dem der Schwerpunkt auf Slams unterschiedlicher Art liegt: Zu Gast ist Kai Bosch, der aktuelle Baden-Württembergische Meister im Poetry Slam.

Buntes Bühnenprogramm für Kinder, Jugendliche und Erwachsene

In Kooperation mit Bambule treten zwei Song-Slammer auf. Und zusammen mit „No Fucking Budget“ wird zum Rap-Battle geladen. Den Abschluss des Abends bildet die Göppinger Band Valle de Luna. Eine weitere Neuerung im Programm ist der Blick nicht hinter, sondern in die Kulissen. In Kurzvorträgen und im Gespräch erfahren die Besucher zum Beispiel, wie gutes Theaterblut entsteht. Durch die beiden Neuerungen sollen laut Veranstalter weitere Zielgruppen erschlossen werden.

Kern der Göppinger Theatertage bleibt aber weiterhin das breit gestreute Bühnenprogramm für Kinder, Jugendliche und Erwachsene und damit verbunden die Möglichkeit für die Teilnehmer, sich untereinander auszutauschen. Beherbergt werden die Jugendlichen im Holiday Inn in der Stadtmitte, das von den drei Spielstätten (Altes E-Werk, Stadtkirche und die Stadthalle zur Eröffnung) fußläufig erreichbar ist.

Ein Wermutstropfen: Die Theaterwerkstatt für Nachwuchsgruppen, die es seit dem Jahr 2007 im Rahmen der Theatertage gab, findet diesmal nicht statt. Der Grund: Wegen Corona konnten die schulischen Theater-AGs nicht proben beziehungsweise haben sich aufgelöst. Dafür werden, gefördert von der Ebersbacher Initiative „Bücher tun Gutes“, in diesem Jahr Workshops für insgesamt vier Schulklassen stattfinden.

Göppinger Theatertage: 537 Gruppen seit 1963

Geschichte
 Seit 1963 ist der Landkreis Gastgeber der Göppinger Theatertage, die damit nach Korbach in Hessen das älteste Amateurtheatertreffen Deutschlands sind. 1993 wurde im Zuge eines Sparpakets des Landkreises eine Stelle gestrichen. Um die Theatertage zu erhalten, gründete man den Freundeskreis Göppinger Theatertage, der fortan mit dem Kreisjugendamt Veranstalter war. Seit 2005 findet das Treffen nur noch alle zwei Jahre statt. Im Jahr 2007 wurde das Festival um die Theaterwerkstatt für Kinder und Jugendliche erweitert. 2011 fielen die Theatertage dem nächsten Spardiktat des Landkreises zum Opfer. Zuletzt fanden die Theatertage 2017 statt.

Zahlen
Laut Fachleiter Ralf Rummel haben seit 1963 insgesamt 537 Gruppen mit 5800 Teilnehmenden aus 19 Ländern in Göppingen gespielt, die 83 500 Besucher gesehen haben.

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