Den Demokratien des Westens ist die Fantasie abhanden gekommen. Das Handeln der politischen Parteien erschöpft sich im Zuteilen von Ressourcen und einer eher bemühten Reformrhetorik. Dabei bräuchte die Demokratie dringend eine verheißungsvolle Idee.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Martin Gerstner (ges)

Berlin - Träume haben in der Politik nichts verloren, sollte man meinen. Sie wecken Verdrängtes auf, entlassen die Geister des Unbewussten, beschwören Zustände herauf, die in der Wachrealität gespenstisch, illusionär oder angsteinflößend sind. Ihnen eignet etwas Romantisch-Verklärtes, das jederzeit mit harten Fakten ins Reich der Naivität abgedrängt werden kann. Politik sei die Kunst des Machbaren, heißt es. Wer träumt, guckt in die Luft statt auf die nüchternen Fakten. Allerdings hat die Verdrängung des Träumerischen, Ideenhaften und Visionären in der Politik zu einer Fakten-Fetischisierung geführt, die Politiker zu Vollzugsbeamten, Politik zum Verwaltungsakt macht.