Autoritäre Trainer wie Louis van Gaal und Felix Magath sind nicht mehr das Maß aller Dinge. Gefragt sind junge Fußballlehrer.
Stuttgart - Das Handy ist ein guter Seismograf für die Befindlichkeiten in der Branche. An der Häufigkeit des Klingelns kann man als Trainer den eigenen Marktwert ablesen. Es gibt einige Mobiltelefone, die kaum noch etwas von sich hören lassen, zumindest nicht dahingehend, dass am anderen Ende der Leitung einer fragt, ob man gerade Zeit hätte, einen Verein zu retten. Die Arbeitslosenquote unter durchaus verdienten und einst erfolgreichen Trainern ist zurzeit ziemlich hoch. "Man kann den Eindruck gewinnen, dass wir in einer Schublade stecken, auf der ,altmodisch' steht", hat der Trainerhaudegen Jürgen Röber einmal erzählt. Wie ihm geht es auch einem Peter Neururer. Ihnen wird der Zugang zur ersten Liga verwehrt. "Generation Golf" nannte die "Süddeutsche" die Garde, in Anspielung auf das liebste Hobby.
Wird es im Sommer eng auf den Golfplätzen, wenn sich zu den Stammgästen noch eine illustre Schar großer Namen gesellt, die vom Trainerkarussell zwangsweise absteigen müssen?
Felix Magath, dessen Tage auf Schalke gezählt sind, und Louis van Gaal hatten große Erfolge und werden auch deshalb eine neue Aufgabe finden. Aber die beiden gelten als die letzten Autokraten der Trainergilde in Fußballdeutschland, und wahr ist, dass es einen Umbruch in der Szene gibt und frische Gesichter nach vorne drängen. Thomas Tuchel etwa oder Robin Dutt, auch längst große Namen wie Ralf Rangnick oder Jürgen Klopp gehören zu dieser Generation, die man gerne als moderne "Konzepttrainer" bezeichnet. Was insofern natürlich begrifflicher Unfug ist, ein Konzept hatten auch all die anderen vor ihnen - nur es war eben ein anderes Konzept.
Die Trainerszene ist im Umbruch, neue Talente drängen nach vorn
Modern muss nicht immer gut sein, und alt muss nicht gleichbedeutend mit rückständig sein, aber der Trend ist eindeutig. Felix Magath oder Louis van Gaal haben den Bogen offensichtlich überspannt, und es muss kein Widerspruch sein, dass beide noch in den Vorjahren mit ihren Clubs und ihrem Stil ungemein erfolgreich waren. Das Modell kann durchaus funktionieren, allerdings eher selten auf lange Sicht. Trainer mit absolutistischen Vorstellungen in der Führung sind zum Erfolg verdammt, einzig und allein darauf fußt ihre Akzeptanz. Bleibt der aus, bricht das System in sich zusammen, weil der Rückhalt in der Peripherie des Trainers zu gering ist, um eine solche Phase zumindest einige Zeit lang gemeinsam zu durchschreiten.
Die Abkehr von Alphatrainern in dieser kurzen zeitlichen Abfolge ist Zufall, die grundsätzliche Entwicklung deutet sich schon seit längerem an. Der Paradigmenwechsel, in Deutschland eingeleitet mit der Ära Klinsmann/Löw bei der Nationalmannschaft, hat vielerlei Ursachen. Es hat zu tun mit einem gesellschaftlichen Wandel, der Spieler mit einer anderen Persönlichkeitsstruktur hervorbringt. Ohne Tugenden wie Disziplin kann ein Team nicht erfolgreich funktionieren, ohne Reibungen ist Leistungssport nicht möglich, aber der Trainer von heute ist mehr Spielerversteher als Kontrollfanatiker.
Sir Alex Ferguson, seit 1986 in Diensten von Manchester United und so etwas wie der Vater aller Fußballautokraten, hat erst kürzlich angemerkt, dass es ihm immer schwerer fällt, die Jugend zu begreifen. Ferguson, der bei einem Wutausbruch einst David Beckham mit einem durch die Kabine geschleuderten Schuh am Kopf verletzte, ist ein Dinosaurier in einem sich verändernden Weltbild.
Die großen Vereine können sich Geduld nicht leisten
Der demokratische Trainer ist natürlich eine Utopie. Kein Coach der Welt kann graswurzeldemokratisch arbeiten. Er muss Entscheidungen treffen. Macht ist deshalb weiter unabdingbar in einem Geschäft, in dem es bei Misserfolg zuallererst immer ihn selbst erwischt. Spieler, Fans, Berater, Vorstand, Medien - sie alle zerren an dem Gestalter im Trainingsanzug. Nur wer mit Autorität und Einfluss, vulgo: Macht, ausgestattet ist, wird nicht zwischen den unterschiedlichsten Partikularinteressen zerrieben. Aber die Art des Umgangs ist entscheidend.
Die Entwicklung der Branche hat auch viel mit Medien zu tun. Es gibt Menschen, die viel mehr Geld bewegen und viel mehr Macht haben, aber es gibt keinen Beruf, der derart stark auf Schwarz oder Weiß reduziert wird. Ein Politiker muss sich alle paar Jahre zur Wahl stellen, ein Dax-Vorstand jedes Quartal die Zahlen rechtfertigen, ein Bundesligatrainer gibt Woche für Woche eine Bilanzpressekonferenz.
Die Auswüchse der Fußball-Berichterstattung machen langfristiges Arbeiten schwierig, und die große Anteilnahme der Öffentlichkeit bringt es mit sich, dass für das Berufsbild der Umgang mit den Medien immer wichtiger wird und die kommunikativen Fähigkeiten an Bedeutung gewinnen. Trainer wie Louis van Gaal aber halten wenig von Journalisten, es entspricht nicht ihrer Art, jeden mitnehmen zu wollen, das gilt für Mannschaft, Fans und Medien wie auch den Vorstand. Sie ziehen ihren Masterplan durch, komme, was wolle.
Im Grunde wünschen sich alle Vereine einen Trainer, der perspektivisch arbeitet, der junge Spieler fördert, der innovativen Fußball spielen lässt, der authentisch nach außen wirkt, bei Fans und Medien beliebt ist. All das soll er tun, so soll er sein - und er soll Erfolg haben. Das ist vor allem das Problem bei Vereinen wie dem FC Bayern, die sich Geduld nicht leisten können. Zeit hat nur der, der Erfolg hat. Oder der in Biotopen arbeitet wie Robin Dutt in Freiburg oder Thomas Tuchel in Mainz. Oder man gilt wie Jürgen Klopp als sakrosankt. Ihm gab man in Dortmund mit großem Erfolg Zeit. Sein Telefon dürfte häufig klingeln.
Trainerausbildung beim DFB
Hierachie: Beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) regeln klare Kriterien die Stufen der Ausbildung zum Fußballtrainer. Hierarchisch aufsteigend werden beim DFB B-Trainer, A-Trainer und Fußballlehrer ausgebildet. Die erste Ausbildungsstufe des C-Trainers kann bei den Landesverbänden erworben werden. Eine Trainerordnung reguliert die Zulassungskriterien und Ausbildungsinhalte.
Lizenz: Für die Ausbildung zum Fußballlehrer, der Profiteams trainieren darf, muss der Bewerber die A-Lizenz besitzen und bereits ein Jahr als A-Trainer gearbeitet haben. Die Ausbildung umfasst einen Zeitraum von zehn Monaten und ist unterteilt in Unterrichtsblöcke in der Hennes-Weisweiler-Akademie in Köln und in Praktikumsphasen in Verein und Verband.
Fächer: Bis zu 40 Unterrichtsstunden hat eine Woche. Zur Ausbildung gehören Fußballlehre, Sportmedizin und Psychologie/Pädagogik. Ein Teil des Praktikums findet bei einem Bundesligaverein statt. dpa