Eigentlich ist Ausdauersport gesund. Er lässt den Herzmuskel wachsen und leistungsfähiger werden. Doch sofern man es übertreibt, kann auch genau das Gegenteil herauskommen, wie jetzt Hamburger Forscher ermittelt haben.

Hamburg - Wie wichtig Bewegung ist, muss eigentlich nicht mehr erwiesen werden. Es gibt genug Studien, die belegen, dass regelmäßige körperliche Aktivität vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützt. Aber nicht jede Sportart erreicht dies bei jedem Menschen gleichermaßen. So ist zwar beispielsweise Ausdauersport gesund. Er lässt den Herzmuskel wachsen und leistungsfähiger werden. Doch sofern man es übertreibt, kann auch genau das Gegenteil herauskommen, wie Forscher des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf ermittelt haben. Demnach sollten sich Männer besser überlegen, ob sie in ihrem Leben unbedingt einmal einen Triathlon absolviert haben müssen.

 

Die Forscher um den Radiologen Gunnar Lund untersuchten per Magnetresonanz die Herzen von 54 männlichen und 29 weiblichen Anhängern der Extremsportart, und dabei fanden sie bei zehn Männern eine deutliche Ansammlung des zuvor injizierten Kontrastmittels im Herzmuskel. Dies verweist, wie Lund erläutert, „auf Vernarbungen des Herzmuskels, sogenannte myokardiale Fibrosen, die mit dem Auftreten von lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen assoziiert sein können“. Ihre vermutliche Ursache: Eine zuvor nicht erkannte Myokarditis, also ein Entzündung im Herzmuskel. In der Normalbevölkerung findet man sie mit einer Häufigkeit von drei bis vier Prozent. „Doch bei unseren männlichen Studienteilnehmern waren 17 Prozent betroffen“, betont Lund.

„Frauen verausgaben sich nicht so sehr wie Männer.“

Der Hamburger Mediziner vermutet, dass diese Athleten offenbar zu viel Sport am Leistungslimit betrieben haben. Sie hatten neben einer erhöhten Muskelmasse auch einen erhöhten Blutdruck unter Belastung, was vermutlich die Schäden am Herzmuskel begünstigte. Denn einem schlecht eingestellten Motor täte es ja auch nicht gut, wenn er dauerhaft auf zu hohen Touren läuft, erläutert Lund.

Was aber nicht erklärt, warum man in der Studie nur bei den männlichen Triathleten einen Herzschaden finden konnte. Lund vermutet dahinter das männliche Hormon Testosteron, von dem man mittlerweile weiß, dass es den Blutdruck beeinflusst und die Immunabwehr schwächt, so dass sich beispielsweise leichter Viren im Herzen festsetzen können. „Aber vielleicht sind Frauen auch einfach nur cleverer und verausgaben sich nicht so sehr wie Männer.“

Bei Sportlern ist die Herzmuskelentzündung häufige Ursache für einen plötzlichen Herztod

Der Kardiologe Florian Bönner am Uni-Klinikum in Düsseldorf macht zudem die Erfahrung, dass Männer einen Infekt häufig nicht richtig auskurieren und zu früh ins Wettkampf- oder Trainingsgeschehen einsteigen. Dadurch könnten sich beispielsweise die Adenoviren eines banalen Schnupfens über den Kreislauf im Körper verteilen und die Herzmuskelzellen angreifen. Die Folge ist eine Entzündungsreaktion, die dazu führt, dass möglicherweise das Herz aus dem Takt kommt oder sogar ganz zu schlagen aufhört. Bei Sportlern ist die Myokarditis die zweithäufigste Ursache für einen plötzlichen Herztod.

Nicht selten aber wird die Herzmuskelentzündung auch durch eine Autoimmunreaktion ausgelöst. Das heißt: Das Immunsystem hat die Orientierung verloren und attackiert körpereigenes Gewebe. Das Erbgut mischt dabei genauso mit wie die unterschiedlichsten Umweltfaktoren, von der Infektion über die Schwangerschaft bis zum Stress. In jedem Falle müssen Patienten bei Arthritis, Lupus, Sklerodermie und anderen Autoimmunerkrankungen damit rechnen, auch eine Herzmuskelentzündung zu bekommen. Bei dem seltenen, aber lebensbedrohlichen Muskelleiden der idiopathischen Myositis liegt das Risiko bei 25 Prozent.

Die Krankheit beginnt oft schleichend und ohne Symptome

Insgesamt werden in Deutschland pro Jahr rund 5000 Patienten wegen Myokarditis behandelt. Das Problem an dieser Erkrankung: Sie beginnt in der Regel schleichend und symptomfrei. „Den Sportler führt sie meistens nur zum Arzt, weil er einen unerklärlichen Knick in seinen Leistungen beobachtet hat“, so Bönner. Symptome wie Brustschmerzen und Atemnot sind zwar Warnzeichen eines gefährlichen Verlaufs der Myokarditis, kommen aber auch bei anderen Herzerkrankungen vor.

Eine verlässliche Diagnose liefert die Untersuchung per Magnetresonanz (MRT), weil sie ohne Röntgenstrahlen präzise Entzündungen und Zelluntergänge im Herzmuskel abbilden kann. Noch mehr Gewissheit bekommt man durch die Gewebeprobe einer Biopsie. „Sie gilt als Gold-Standard in der Diagnose der Myokarditis“, betont Bönner. „Doch sie ist aufwendiger als das MRT, kann nicht an jedem Krankenhaus durchgeführt werden und wird auch nicht bei jedem Patienten empfohlen.“

Sechs Monate Sportpause sind meistens nötig

In der Therapie kommen in der Regel entzündungshemmende Medikamente wie Ibuprofen zum Einsatz, meistens in hoher Dosis und über ein bis zwei Wochen. Eine spezifischere Behandlung – wie etwa Cortison bei der extrem gefährlichen Riesenzell-Myokarditis – kann erst anhand der Ergebnisse der Biopsie eingeleitet werden. Die unverzichtbarste Therapie besteht jedoch in der körperlichen Schonung. Was gerade jüngeren Sportlern sehr schwerfällt. „Doch die medizinischen Fachgesellschaften sind da knallhart“, betont Bönner. „Sechs Monate gelten da als Minimum, die zu pausieren sind.“ Dann aber bestehen relativ gute Aussichten, dass sich der Patient nachhaltig von seiner Erkrankung erholt.