Etwa 400 Teilnehmer demonstrierten am Samstag bei der „Trans Pride“ in der Innenstadt. Ein rechtlicher Meilenstein ist für sie nicht genug.
Bunte Schmetterlingskostüme in Regenbogenfarben und viel Blau, Rosa und Weiß: Auch die sechste Stuttgarter „Trans Pride“ ist für Zaungäste und Passanten ein Hingucker. Etwa 400 Transpersonen und ihre Unterstützer haben am Samstagnachmittag in der Innenstadt mit einem bunten Demonstrationszug auf die Rechte von Transmenschen aufmerksam gemacht. Anders als in den vergangenen Jahren hatte die Community in diesem Jahr dazu noch einen echten Grund zu feiern.
Für Transpersonen ist es ein Meilenstein: Am 1. November tritt das Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG), kurz Selbstbestimmungsgesetz, in Kraft. Mit dem neuen Gesetz ist es transsexuellen, intergeschlechtlichen und nichtbinären Menschen künftig einfacher möglich, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen beim Standesamt zu ändern.
Transpersonen sind durch Gewalt gefährdet
Aus Sicht der Community ist freilich trotz des SBGG noch immer „nicht alles für Transmenschen so, wie es sein sollte“, betonen die Veranstalter der „Trans Pride“ von der Stuttgarter Aktionsplattform Mission Trans. Weiterhin seien Transpersonen durch Gewalt und Ausgrenzung gefährdet. Auch politisch sei es noch ein langer Weg bis zur Gleichberechtigung, betonen die Aktivisten.
„Unter dem Motto ‚Erkennen, werden, sein – mit Mut zum Ich‘ wollen wir die Botschaft in die Stadtgesellschaft tragen, dass auch wir, ohne uns schämen zu müssen und Angst zu haben, leben dürfen“, erklärt Tanja Gemeinhardt, Vorstandsmitglied von Mission Trans. Weil in diesem Jahr mit dem SBGG ein großes politisches Ziel erreicht sei, sollte mit der sechsten „Trans Pride“ gezeigt werden, wie viele Transmenschen den Mut haben, zu sich zu stehen und damit in die Öffentlichkeit zu gehen.
Dafür kämpft die Trans-Community
Weiterhin gebe es Grund genug für die Trans-Community, politisch aktiv zu sein: So könnten trotz neuer Gesetzeslage Transpersonen das eigene Geschlecht in der Geburtsurkunde nicht ändern. Ebenso sei die medizinische Versorgung von Transmenschen nicht geregelt oder existierten diskriminierungsfreie Zugänge zu Sportstätten. Die Demonstranten appellierten an die Gesellschaft, auf Transpersonen „ohne Angst und mit Offenheit, Verständnis und Mitgefühl zuzugehen“.
Der Demonstrationszug zog am Samstag vom Rotebühlplatz zum Neuen Schloss und über Bolz- und Theodor-Heuss-Straße zurück zum Rotebühlplatz und zur Abschlusskundgebung. Für die Demonstration hatte der Veranstalter 600 und 800 Personen angemeldet.