VfB-Manager Jan Schindelmeiser geht bei der Suche nach möglichen Neuzugängen neue Wege und hat dafür eine einfache Erklärung.

Stuttgart - Wenn Jan Schindelmeiser in diesen Tagen zum Telefonhörer greift, wählt er selten bis nie die Nummer eines jener Spielerberater, die beim VfB Stuttgart seit Jahren ein- und ausgegangen sind. Das war bei seinen Vorgängern Horst Heldt, Fredi Bobic und Robin Dutt anders, die speziell in Transferzeiten gerne auf die Dienste der alten Bekannten zurückgegriffen und sich bei ihnen Tipps über mögliche Neuzugänge eingeholt haben. Momentan ist wieder Transferzeit. Deshalb heißt es in diesen Kreisen, es sei schon etwas verwunderlich, dass sich Schindelmeiser nicht bei ihnen melde. Aber der Manager verfolgt ganz offensichtlich andere Ansätze.

 

Nun ist es jedoch auch nicht so, dass er die etablierte Beraterszene ignorieren würde. Sonst könnte aus dieser Runde beispielsweise nicht verlauten, dass der Plan von Schindelmeiser vorsieht, primär eher um junge Spieler zu werben. Dazu passt auch die Verpflichtung des im März erst 19 Jahre alt gewordenen Orel Mangala, der zuletzt vom RSC Anderlecht an Borussia Dortmund ausgeliehen war.

Entscheidend ist dabei ohnehin, dass die Rechnung aufgeht und der Spieler eine Verstärkung darstellt. So widerspricht Schindelmeiser auch der Version, er führe ausschließlich junge Spieler auf seiner Liste. Das Alter sei nicht das wesentliche Kriterium, sagt er, „uns ist klar, dass wir nicht mit 20 Spielern eine Bundesligasaison bestreiten können, die gerade mal 18 Jahre alt sind.“ Aber der Weg sei es, daraus macht Schindelmeiser kein Geheimnis, „grundsätzlich junge Leute zu holen, ohne dass wir daraus ein Dogma machen wollen.“

Sechs Scouts suchen für den VfB nach Talenten

Mit dieser Strategie ist es ihm ernst, wofür neben Mangala auch Carlos Mané (23), Takuma Asano (22), Julian Green (22), Ebenezer Ofori (21), Josip Brekalo (18), Jérome Onguéné (19) und Hans Nunoo Sarpei (18) stehen, die alle in der noch kurzen Ära des Managers beim VfB landeten. Es könne zwar auch mal Sinn haben, einen erfahrenen Mann zu holen, sagt Schindelmeiser, „aber wir schauen eher auf entwicklungsfähige Spieler mit der richtigen Einstellung: talentiert, lernwillig und mit der Bereitschaft, sich permanent zu verbessern.“

Um solche Hoffnungsträger zu finden, beschäftigt der VfB insgesamt sechs Scouts – was jedoch unteren Bundesligadurchschnitt darstellt. Diese Talentspäher erhalten von der sportlichen Leitung um Schindelmeiser möglichst präzise und mit Daten unterlegte Vorgaben. Damit beginnt die weltweite Suche. Bei interessanten Spielern, die ins Visier geraten, erfolgen mehrfache, ausführliche Videoanalysen. Danach werden diese Spieler live vor Ort beobachtet, um ein genaues Bild zu erhalten.

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Denn Mentalität und Persönlichkeit eines Kandidaten spielen bei der Auswahl ebenfalls eine große Rolle. Am Ende sind es dann nicht mehr allzu viele Spieler, die diese Prüfungen bestehen und im Netz hängenbleiben. „Wir reagieren nicht in erster Linie auf Beraterangebote, sondern sind bestrebt, den gesamten Prozess aktiv zu gestalten“, sagt Schindelmeiser über seine Arbeitsweise.

Dabei ist es für den Manager unausweichlich, nicht nur die traditionellen Märkte unter die Lupe zu nehmen, sondern auch in Nischen zu operieren, die nicht im Fokus der großen Vereine sind. Der VfB sei nicht in der Lage, die besten von jenen Spielern zu bekommen, die eh jeder kennt, sagt Schindelmeiser: „Da haben wir aktuell wenig Chancen“. Der nationale Transfermarkt habe krasse Dimensionen angenommen, „und wir sind nicht der richtige Club für einen jungen Spieler, bei dem der finanzielle Aspekt an allererster Stelle steht.“

Am liebsten nur Spieler aus Cannstatt

Das liegt vor allem an gewissen Zwängen. Denn fest steht, dass der Manager für seinen Bereich nicht einmal die Hälfte der 41,5 Millionen Euro verwenden kann, die der Daimler-Konzern als Investor für die am 1. Juni beschlossene Ausgliederung der Profiabteilung zahlt. „Wir werden es beim VfB in den nächsten Jahren kaum erleben, dass wir einen Spieler für 20 Millionen Euro verpflichten“, sagt Schindelmeiser.

Am liebsten würde er sowieso nur Spieler aus Bad Cannstatt holen. „Dann müssten wir nicht nach Südamerika fliegen“, sagt er. Aber in diesem Fall könnte der VfB wohl nicht mal in der Landesliga mithalten. Deshalb ist er viel unterwegs, wenn auch nicht so viel wie er sich das selbst wünschen würde. Südamerika kann für Schindelmeiser nach Jahren, in denen die Preise dort aus dem Ruder gelaufen sind, wieder ein reizvoller Markt sein, aber das hat in seinen Überlegungen derzeit keine Priorität. Ein Blick geht auch immer nach Frankreich mit seiner effektiven Nachwuchsschule. „Grundsätzlich wollen wir, dass sich die Spieler bei uns schnell integrieren, was natürlich bei jemand aus dem europäischen Ausland besser funktioniert“, sagt er.

Im Fußball zählt nur der Erfolg

Ein Netzwerk hat er sich während seiner bis 2010 dauernden Ära in Hoffenheim aufgebaut – und erweitert hat er es in den sechs Jahren danach bis zu seinem Einstieg beim VfB durch seine Tätigkeit als Personalberater. Darauf kann er zurückgreifen. Für die Transfers sei jetzt aber kein Schindelmeiser-Netzwerk verantwortlich, sagt Schindelmeiser, der sich als Teil eines Teams begreift. Besser: eines Kreativteams. Denn ausgetrampelte Pfade sind nicht sein Ding. So werden die Kontakte von früher beim VfB im Augenblick kaum angezapft, aber letztlich weiß auch Schindelmeiser, dass in diesem Geschäft nur eines zählt: Erfolg.