Transfers des VfB Stuttgart Neue Transfer-Dimension – als Ausnahme richtig, als Regel zu riskant

Bald gemeinsam für den VfB Stuttgart am Ball: Ermedin Demirovic (li.) und Atakan Karazor. Foto: Pressefoto Baumann/Hansjürgen Britsch

Mit der Verpflichtung von Ermedin Demirovic für mindestens 21 Millionen Euro stößt der VfB Stuttgart in eine neue Transferdimension vor. Das kann für den Moment richtig sein, der generelle Weg muss aber ein anderer bleiben, kommentiert unser Autor Dirk Preiß.

Sport: Dirk Preiß (dip)

Mindestens 21 Millionen Euro für Ermedin Demirovic, bald vermutlich ebenfalls über 20 Millionen Euro für Deniz Undav – und dann vielleicht noch rund zehn Millionen Euro für einen Innenverteidiger. Keine Frage: Der VfB Stuttgart stößt beim Geldausgeben in neue Dimensionen vor. Warum? Weil er’s kann.

 

So könnte die lapidare Antwort lauten. Denn dank der Transferüberschüsse der vergangenen Jahre sind die finanziellen Löcher in schweren Zeiten überschaubar geblieben. Nun sorgen die Porsche-Millionen, das Geld aus der Champions League und erneut hohe Erträge aus Spielerverkäufen dafür, dass der zuletzt oft schwankende Traditionsclub vom Neckar sich nicht mehr entscheiden muss zwischen strukturellen Investitionen und solchen, die den Spielerkader stark machen sollen.

Der VfB spielt – etwas überraschend – wieder oben mit. Und will einen schnellen Absturz aus der lieb gewonnen Höhenlage möglichst verhindern. Deshalb ist es einerseits richtig, in die sportliche Konkurrenzfähigkeit auf dem neuen Level zu investieren. Die Chance, die sich durch die herausragende vergangene Saison ergeben hat, also am Schopfe zu packen. Und dass Verstärkungen auf diesem Niveau nicht zu Schnäppchenpreisen zu bekommen sind, ist keine große Neuigkeit.

Dennoch muss die neue Lust am Geldausgeben auch kritisch hinterfragt werden. Denn die Vergangenheit lehrt: Immer dann, wenn der VfB viel zu verteilen hatte, sind oft auch die größten Fehler gemacht worden – die den Club teils Jahre blockiert haben.

Transferüberschüsse haben den VfB über Wasser gehalten

Ob Spieler wie Ermedin Demirovic oder Deniz Undav eine Ablösesumme jenseits der 20 Millionen Euro wert sind, wird die sportliche Zukunft zeigen. Wichtig ist, dass der VfB darüber hinaus seinen eigentlichen Weg nicht verlässt. Der es weiterhin sein muss, auf Entwicklung zu setzen. Denn: Ohne die Wertsteigerungen von zahlreichen Profis in den vergangenen Jahren, müsste der Club aktuell jeden Cent zusammenkratzen, statt große Euro-Pakete auszugeben. Dass Ermedin Demirovic oder Deniz Undav noch eine solche Marktwert-Entwicklung hinlegen, ist bei den nun schon sehr hohen Summen eher unwahrscheinlich.

Dass der VfB in dieser Transferperiode auch schon die Entwicklungsrubrik bedient hat – unter anderem durch Justin Diehl, Nick Woltemade, Ramon Hendriks oder Yannick Keitel sowie den Festverpflichtungen von Anthony Rouault und Leonidas Stergiou – lindert allerdings die Aufregung um die neue Einkaufsdimension ein wenig. Zumal ja auch Demirovic oder Undav keine abgehalfterten Altstars sind, sondern Spieler Mitte/Ende 20, die heiß sind auf ihre ersten Auftritte in der Champions League und sich weiter beweisen wollen und müssen.

Das zusammen lässt eines hoffen: Dass in Stuttgart bei Transferaktivitäten auch weiterhin die Weitsicht dominiert. Dass die Verlockungen eines überhitzten Marktes stets ganz genau überprüft werden. Und dass Megatransfers die immer mal wieder sinnvolle Ausnahme bleiben. Zumindest, so lange der VfB kein Dauergast in der Champions League ist.

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