Voller Erfolg: 18 Monate nach der Operation kann das Kind seine Hände voll gebrauchen

Philadelphia - Es ist eine wirklich rührende Geschichte, die um die Welt geht: Der heute zehn Jahre alte Zion Harvey in den USA schreibt, isst und zieht sich mit zwei transplantierten Händen an. In den Monaten nach der Operation habe das Kind gelernt, mit seinen neuen Händen mehr Handlungen auszuführen als zuvor mit seinen Stümpfen, schreiben die Ärzte nun in einer medizinischen Gesamtwürdigung der Transplantation in der Fachzeitschrift „The Lancet Child & Adolescent Health“. Den Angaben zufolge ist es die erste erfolgreiche Handtransplantation bei nicht-verwandten Kindern.

 

Nach der OP hätten sich der Junge und sein Gehirn erst daran gewöhnen müssen, die Hände zu nutzen, schreiben die Ärzte. Vor allem innerhalb des ersten Jahres wehrte sich sein Körper mehrfach. „Sein Gehirn kommuniziert mit den Händen“, sagt der Chef des Chirurgenteams am Kinderkrankenhaus in Philadelphia, Scott Levin, in einem Youtube-Video. „Es sagt ihnen, dass sie sich bewegen sollen, und sie bewegen sich. Allein das ist bemerkenswert, weil für sechs Jahre seines Lebens war dieser Teil des Gehirns nicht aktiv.“

Verlust von Gliedmaßen nach Blutvergiftung

Das Kind hatte mit zwei Jahren eine von Bakterien ausgelöste Blutvergiftung erlitten, die unter anderem zu Nierenversagen und dem Verlust der Hände, Teilen der Unterarme und der Füße führte. Als ihr Sohn vier Jahre alt war, spendete die Mutter ihm eine Niere. Später wurden dem Kind über eine Spenderliste Hände zugewiesen. Über den Spender ist nichts bekannt.

Eineinhalb Jahre lang bereiteten Ärzte, Kinderpsychologen und Sozialarbeiter den kleinen Zion auf die schwierige Operation und die langwierigen Folgen vor. Aus medizinischer Sicht war vor allem die Verbindung der kleinen Nerven und Blutgefäße eine Herausforderung. Die OP im Juli 2015 dauerte dann auch fast elf Stunden.

Intensives Training

Die Wochen und Monate nach der Transplantation trainierte der damals achtjährige Junge seine neuen Hände. Nach und nach nahm der Junge immer mehr Reize über die Hände wahr und konnte sie immer besser bewegen und einsetzen. Zudem ist es gelungen, dass die Hände mit dem Körper mitwachsen. Inzwischen geht es für den Jungen darum, sich wieder in sein soziales Umfeld einzugliedern und zur Schule zu gehen. Medienberichten zufolge kann der mittlerweile zehnjährige Zion Harvey nun schreiben, sich selbst anziehen und beispielsweise den Griff eines Baseballschlägers halten.

Der positive Verlauf der Hand-Transplantation bei einem Kind sei eine Premiere, schreiben die Autoren in der Studie. Bei Erwachsenen wurde den Angaben zufolge die erste Hand im Jahr 1998 transplantiert, eine beidseitige Hand-Transplantation folgte im Jahr 2000. Damals wurde auch erstmalig die Hand eines Babys transplantiert: Das Mädchen in Malaysia litt von Geburt an an einer schweren Missbildung. Ihre Zwillingsschwester, welche die Geburt nicht überlebt hatte, diente als Spender von Hand und Arm. Wie es jetzt heißt, seien noch nie jedoch Extremitäten zwischen unverwandten Kindern erfolgreich übertragen worden. Ein solcher Versuch sei zuletzt mit dem Tod eines Jugendlichen gescheitert.

Der Fall des amerikansichen Jungen lässt sich in eine ganze Reihe von spektakulären Transplantationen stellen, zu denen Ärzte mittlerweile in der Lage sind. Im Jahr 2003 transplantierten Ärzte in Wien erstmals eine Zunge. Einer Französin wurden bereits Mund und Nase eines toten Spenders übertragen und im Jahr 2014 erhielt ein 21-jähriger Südafrikaner einen neuen Penis. Wenige Monate später zeugte er ein Kind.

Ein englischsprachiges Youtube-Video, das bereits vor einem Jahr veröffentlicht wurde, zeigt Zion Harvey, wie er vor der Transplantation mit seinen beiden Armstümpfen zum Beispiel Tischkicker spielt – und wie er sich im ersten Jahr an seine beiden neuen Hände gewöhnt.