Jugendbuchautorin Lena Hach erzählt in „Fred und ich“, wie die Liebe Einzug hält in Annis Leben. Dass Fred trans ist, bringt neben neuen Gefühlen auch neue Wörter ins Spiel.

Stadtleben/Stadtkultur/Fildern : Andrea Kachelrieß (ak)

Eine Woche im Februar und ein Hammer verändern vieles im Leben von Anni. Die 13-jährige Protagonistin schreibt in Lena Hachs neuem Kinderbuch „Fred und ich“ Tag für Tag auf, wie aus einer zufälligen Begegnung eine gemeinsame Geschichte wird.

 

Welche Rolle ein Hammer in einer neuen Freundschaft spielt? Anni braucht das Werkzeug, weil sie sich damit als Eisbaderin jeden Morgen eine Einstiegsstelle im See frei klopft. Der neue Junge in der Bäckerei, wo Anni beim Kaffeekauf den Hammer aus Versehen vergisst, radelt ihr hinterher und rettet das Badeprojekt. Als er am nächsten Morgen mit Anni ins Wasser steigt, notiert sie folgende Beobachtung: „Er trägt schwarze Boxershorts. Und er hat Brüste.“

Eine Freundschaft als Neustart

Lena Hach lässt in ihrer Geschichte zwei Teenager mit nicht ganz einfachen Vorgeschichten aufeinandertreffen. Anni kämpft mit dem Verlust ihres jungen Onkels nach einem Autounfall; jede neue Situation scannt sie nun voll panischer Angst nach ihrem tödlichen Gefahrenpotenzial ab – wie die bevorstehende Busfahrt ins Skischullandheim zum Beispiel. Und Fred ist auf der Flucht von einem alten in ein neues Leben als Praktikant in der Bäckerei seiner Tante gelandet.

Dass für die beiden jungen Menschen die neue Freundschaft eine Art Neustart ist, äußert sich im sensiblen Umgang mit den Verletzungen, die hier jeder mitbringt. Und im Selbstverständnis, mit dem Anni und Fred den jeweils anderen so akzeptieren, wie er oder sie es sich wünscht.

Lena Hach gelingt es, Situationen und Gefühle so sparsam und doch sensibel zu beschreiben, dass auch das Nichtgesagte bedeutsam wird. Dass es Fragen gibt, die sie Fred nicht stellen sollte – „Auf welche Toilette er geht. Ob ich mal ein altes Foto von ihm sehen kann. Ob er sich operieren lassen will.“ –, nimmt Anni hin, weil sie nicht übergriffig oder verletzend sein will. Und führt doch intensive Gespräche mit Fred, der davon erzählt, wie anstrengend der Weg ist, von Eltern oder Mitschülern als Transmensch mit neuem Namen und anderen Bedürfnissen akzeptiert zu werden.

Dialoge mit witziger Power

Lena Hach gelingt eine ungewöhnliche Geschichte einer ungewöhnlichen ersten Liebe, weil sie sich bestens einfühlen kann in die komplizierten Gefühlslagen – und dabei doch immer einen lockeren Ton trifft. Vor allem in den Dialogen steckt witzige Power. Aber auch wie sich Anni mühsam anrobbt an den einen, so mühsam zu formulierenden Satz, der ihre Zuneigung zu Fred ausdrückt, ist fein beobachtet. Bis er ihr dann eines Tages endlich über die Lippen kommt, ist zwischen brüchigem Eis und einer ungeplanten Autofahrt einiges passiert.

Lena Hach: Fred und ich. Verlag Beltz & Gelberg. 95 Seiten. 12 Euro. Ab 11 Jahren

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Lena Hach
Fred und ich. Verlag Beltz & Gelberg. 95 Seiten. 12 Euro. Ab 11 Jahren