Von seinem grünen Daumen haben Zehntausende von Hobbygärtnern profitiert: Edgar Gugenhan war ein Pflanzenversteher, der mit Humor und überragendem Wissen seit 1956 für unsere Zeitung schrieb. Mit 95 Jahren ist er gestorben.
Am 11. Juli 1956 erschien der erste „Blick in den Garten“ von Edgar Gugenhan in der Stuttgarter Zeitung. „Jetzt wird Frühgemüse geerntet“ lautete die Überschrift. Fast 70 Jahre später ist die Freude über Frühgemüse noch immer groß, auch wenn sich im Reich der Hobby- und Freizeitgärtner seitdem recht viel geändert hat. Der gebürtige Stuttgarter war bis zuletzt auf der Suche nach Neuerungen im Gartenbau. „Sein nicht endender Wissensdrang hat ihn so alt werden lassen“, sagt einer seiner früheren Schüler.
Mit 93 Jahren fuhr er noch Auto, kaufte begeistert in der Markthalle ein und chauffierte seine Enkelin, zu der er eine enge Verbindung hatte, zum Reiten. Als Gugenhan mit knapp 90 Jahren vom Miracle Garden in Dubai hörte, wo auf einer Fläche von 72 000 Quadratmetern trotz schwieriger Klimazone etwa 45 Millionen Pflanzen zu bewundern sind, überredete er seine Tochter Daniela Mink, mit ihm dorthin zu fliegen. Nach der Rückkehr schrieb der Gartenbauexperte in unserer Zeitung über den „Wundergarten in der Wüste“.
Wächst eine junge Pflanze aus einer Avocado oder einer Kokosnuss? Wieso blüht eine Schwertlilie nur einmal? Was sind Raubmilben und Blattlauslöwen? Es gibt kaum ein Gartenthema, mit dem sich der gebürtige Stuttgarter nicht befasste – in unzähligen Kolumnen für unsere Zeitung. Auch als Buchautor und Pflanzendoktor bei dem SWR-Moderator Michael Branik hat er sich einen Namen gemacht.
1948 stand er im kriegszerstörten Stuttgart vor der Entscheidung, „entweder einen Beruf nachweisen oder schippen gehen“. Der knitze Schwabe entschied sich für eine Gärtnerlehre und bewarb sich bei den Pflanzenforschern in Hohenheim und in der Wilhelma. Der Zoo meldete sich nicht bei ihm.
Er lachte gern über sich
1951 hat Edgar Gugenhan an der Gartenbauschule Hohenheim angefangen, nach einer zusätzlichen Fachlehrerausbildung dann kurz an der Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau in Heidelberg gearbeitet. Zurück in Hohenheim, war er als Versuchsleiter und Fachlehrer an der Staatsschule für Gartenbau tätig, 1977 wechselte er für drei Jahre ins baden-württembergische Landwirtschaftsministerium, ehe er bis zu seiner Pensionierung als Schulleiter der Göppinger Justus-Liebig-Schule für mehr als 1000 Gärtner- und Floristenschüler verantwortlich war.
Putzmunter nach dem Renteneintritt
Als Schulleiter war Edgar Gugenhan „sehr humorvoll und hat auch mal gerne über sich selbst gelacht“, erinnert sich ein früherer Berufsschüler von ihm. Er sei „ein Lehrer vom alten Schlag gewesen“, dem auch Grammatik und Rechtschreibung wichtig waren. Gern referierte der Pflanzenliebhaber über das Alpenveilchen, botanisch Cyclamen persicum. In allen Klassen sagte er: „Es heißt nicht der Cyclamen, auch nicht die Cyclamen! Nein, es heißt das Cyclamen!“ Bis heute hat sich das bei dem Schüler eingebrannt.
Dem Ehrenmitglied des Württembergischen Gärtnereiverbands ist eine einzigartige und sehr abwechslungsreiche Karriere als Pflanzenexperte gelungen. Richard Glaser, der frühere Lokalchef der Stuttgarter Zeitung, förderte Gugenhans Liebe zum Schreiben. Er war es, der den damaligen Lehrer der Hohenheimer Gartenbauschule fragte, ob er nicht der Leserschaft Tipps zum Gärtnern geben könne. Er konnte, und er tat dies fast 70 Jahre lang mit großer Leidenschaft. Dass er nach dem Renteneintritt putzmunter blieb, da ist sich seine Familie sicher, hat ihn so alt werden und so lange fit sein lassen.