Reine Lehre gegen den Zeitgeist: Joachim Kardinal Meisner, 25 Jahre lang Erzbischof von Köln, ist im Alter von 83 Jahren in Bad Füssing gestorben.

München - Am Ende hat er sich sogar noch mit Papst Franziskus angelegt. Zeit seines Lebens hatte Joachim Kardinal Meisner befunden, der Kirche, dem Glauben, den Gläubigen wehe der Wind ins Gesicht. Die eherne, ewig wahre Lehre sah er bedroht von Zeitgeist und Konsum; strikten Gehorsam gegenüber dem Papst predigte er einem Deutschland, das er vom „antirömischen“, also einem gänzlich unkatholischen Affekt getrieben sah. Nun aber galt das nicht mehr. Der Papst hieß nicht länger Johannes Paul II., den Meisner als Fels in der Brandung und als „Kumpel“ betrachtete. Benedikt XVI., mit dem er so viele vertraute Gespräche geführt hatte – er hatte mit seinem Rücktritt den Kardinal zutiefst verstört.

 

Papsttreue bis zur Rebellion

Und der Angriff auf die Lehre kam urplötzlich aus dem Papsttum selbst. Franziskus hatte es in „Amoris laetitia“ – veröffentlicht im April 2016 – für zulässig gehalten, dass Katholiken auch in zweiter Ehe die Kommunion empfangen können. In Einzelfällen, gewiss. Aber auch damit hatte Franziskus allen seinen Vorgängern widersprochen. Sollte dieser Papst noch katholisch sein? Den seit 2014 emeritierten Kölner Kardinal befielen Zweifel. Und zusammen mit den konservativsten Amtsbrüdern überhaupt, setzte er dem Papst – ultimativ – per Brief das Messer auf die Brust. Franziskus möge klären. Öffentlich. Sonst . . .

Das war eine Auflehnung, wie man sie in Rom noch nicht erlebt hatte. Und ausgerechnet Meisner, der Papsttreue, rebellierte an vorderster Front. Da hatten sich alle Vorzeichen verkehrt. Bitter muss das gewesen sein für einen 82-Jährigen, der ein Leben lang nichts anderes getan hatte, als die Lehre der Kirche zu verteidigen.

Beim Kölsch konnte er auch den Kumpel geben

Meisner konnte leutselig sein, salopp, witzig, gewinnend in Plaudereien. In Köln und beim Kölsch gab er gerne selber den Kumpel. Der entrückte Kleriker war er nicht. Mit seinem Gott und dem erhaltenen Sendungsauftrag fühlte Meisner sich wohl in tiefstem Frieden. Genauso aber sah er sich umzingelt von feindlichen Mächten. Vielleicht rührt das noch aus den Tagen der Flucht her: der Vater im Krieg gefallen, die Mutter mit vier Kindern aus Schlesien vertrieben. In der DDR, wo er Bankkaufmann lernte, dann aber schnell auf Theologie umsattelte, sah Meisner sich jeden Tag zu trotziger Selbstbehauptung gezwungen. Und Spitzel waren überall, vor allem als der junge Priester schnell zu Höherem aufstieg: zum Caritas-Rektor, zum Weihbischof in Erfurt, zum Bischof in Berlin, 1980. Da hatte er längst Freundschaft geschlossen mit dem Amtskollegen Karol Wojtyla aus Krakau, der unter ähnlichen Umständen „der Welt“, den Kommunisten, die Stirn bot.