Zwei Wochen nach seinem Tod wird Helmut Kohl in Speyer beigesetzt. Im Mittelpunkt des Requiems steht der Mensch und nicht der Staatsmann. Kohls Söhne bleiben der Trauerfeier fern.

Speyer - Als die Soldaten des Wachbataillons der Bundeswehr vorsichtig die Heckklappe des Leichenwagens mit den sterblichen Überreste Helmut Kohls zudrücken, löst sich seine Witwe Maike Kohl-Richter von der Trauergemeinde. Das große militärischen Ehrengeleit ist zu Ende. Der Regen lässt etwas nach. Maike Kohl-Richter trägt dennoch weiter die Sonnenbrille, die sie den ganzen Tag nicht abgelegt hat. Sie läuft, gefolgt von Kai Diekmann und Stephan Holthoff-Pförtner, den beiden engen Freunden der Familie, zu dem schwarzen Mercedes und steigt ein. Durch die Scheiben ist die deutsche Fahne zu sehen, in die der Sarg gehüllt ist.

 

Der Tag war generalstabsmäßig geplant, und der Zeitplan wird nahezu eingehalten. Die ARD beendet ihre Liveübertragung, als der Wagen vom Domplatz in die Maximilianstraße abbiegt. Ein fast 14 Stunden währender Abschiedsmarathon geht in diesem Moment über in seine letzte und ausschließlich private Wegstrecke: der Beisetzung des Altkanzlers am Rande des Domherrenfriedhofs neben der Friedenskirche Sankt Bernhard.

Sinn für Symbolik

Es ist ein Ort, der als Friedhof nicht mehr genutzt wird. Das Gräberfeld ist jetzt ein Park. Aber es war Kohls erklärter Wunsch, hier seine letzte Ruhe zu finden. Und so gewährten die katholische Kirche und die Stadt ihm diesen letzten Willen. Wie so vieles an diesem 1. Juli, dem Tag, an dem das Land vom Kanzler der deutschen Einheit in einem ersten europäischen Trauerakt und in einer sehr persönlichen Trauerfeier im Speyrer Dom Abschied nimmt, ist auch das von hoher Symbolik. Die Wahl der Ruhestätte bedeutet zwar die demonstrative Abkehr von der Familie und dem Familiengrab in Ludwigshafen, gleichzeitig ist dies das Bekenntnis des europäischen Ehrenbürgers zu seinem Lebenswerk und zu der Stadt, die ihn prägte wie keine andere. Die Sankt-Bernhard-Kirche haben Deutsche und Franzosen 1953/54 gemeinsam errichtet. Sie steht für die Aussöhnung zwischen ehemaligen Kriegsgegnern.

Kohl hat die Kaiserstadt immer als Zentrum der Weltpolitik in Szene gesetzt. Den russischen Staatschef Michael Gorbatschow, den französischen Präsidenten François Mitterrand und so viele andere hat er in den Dom geführt. Wie’s der Zufall will, zeigt eine schon vor Monaten eröffnete Ausstellung des Pfälzischen Landesmuseum diese Seite Kohls. „Er hat viel für Speyer getan“, sagt eine Passantin. „Er hat Speyer zur Weltstadt gemacht.“ Dabei sei er authentisch geblieben – mit dem Pfälzer Dialekt und seiner Strickjacke. „Viele haben ihnen dadurch unterschätzt“, sagt sie.