Die Zahlen von Unfällen mit Toten steigt in Baden-Württemberg. Landesinnenminister Thomas Strobl will deswegen schärfer gegen Raser vorgehen und das Abschalten von Lkw-Notbremsen unterbinden.

Stuttgart - Die Landesregierung will den wieder steigenden Zahlen von Unfällen und Verkehrstoten mit intensiverer Überwachung, schärferen Gesetzen und mehr Aufklärung entgegen wirken. „Wir haben weniger Verletzte, aber mehr Tote – und das ist besonders bitter“, zog Innenminister Thomas Strobl (CDU) am Dienstag Bilanz für das Jahr 2017. Die Zahl der Verkehrsunfälle habe im vergangenen Jahr sogar einen neuen Höchststand erreicht. Das hänge zwar auch mit der guten wirtschaftlichen Entwicklung zusammen, denn der Verkehr sei insgesamt stärker geworden, aber nicht nur.

 

Die Statistik wird vor allem durch die wachsende Zahl von Lkw- und Motorradunfällen negativ beeinflusst. Fast die Hälfte der insgesamt 458 Verkehrstoten (Vorjahr: 405) registrierte die Polizei im Zusammenhang mit diesen beiden Fahrzeugarten. Insgesamt kamen 104 Menschen auf einem Motorrad, 111 bei Unfällen mit einem Lkw ums Leben. Dies entspricht einer Zunahme von 38,7 beziehungsweise 20,7 Prozent. Die Gesamtzahl der Unfälle lag im vergangenen Jahr mit 326 457 um 3,7 Prozent höher als im Jahr davor. Dabei wurden allerdings 1,6 Prozent weniger Menschen verletzt.

Schlechte Anschnall-Moral

Weil rund 40 Prozent der tödlich verunglückten Auto- und 70 Prozent der Motorradfahrer zu schnell unterwegs waren, kündigte Strobl eine Blitzer-Offensive gegen Raser an: „Wir werden den Kontrolldruck weiter verstärken.“ Dazu werde die Polizei nicht nur zivile Video-Pkw und Handleser-Messgeräte einsetzen, sondern auch einen sogenannten Enforcement-Trailer. Das ist ein digitales, in einem Lkw-Anhänger verbautes Tempomessgerät, das Autobahnen auch über mehrere Tage hinweg ohne Personal überwachen kann.

Auch das Risiko, beim Telefonieren am Steuer erwischt zu werden, soll die Polizei hoch halten. Mehr als 72 000 Autofahrer wurden im vergangenen Jahr dabei erwischt, 2016 waren es nur knapp 59 000 gewesen. „Das ist keine Abzocke“, sagte der CDU-Politiker. Eine Auswertung des Innenministeriums habe ergeben, dass die Fahrer bei 17 Prozent der tödlichen Unfälle abgelenkt waren. Auch die Gurt-Moral lässt wohl deutlich zu wünschen übrig.

Sicherheit bleibt abgeschaltet

Auf politischer Ebene will der Innenminister erreichen, dass Lkw-Fahrer ihre Sicherheitssysteme wie etwa Notbremsassistenten nicht einfach abschalten dürfen. Strobl: „Ich kann niemandem erklären, dass sie in jedem Lkw eingebaut sein müssen, dann aber regelmäßig manuell abgeschaltet werden.“ Die Technik verhindere, dass zu dicht aufgefahren werde. Das Land will deshalb im Bundesrat einen neuen Vorstoß unternehmen, dass die Bundesregierung bei der EU eine Verschärfung der Vorschriften erreicht. Daneben soll der gewerbliche Güter- und Personenverkehr ein Kontrollschwerpunkt der Polizei bleiben: „Bei europaweiten Kontrollwochen verzeichnen wir in Baden-Württemberg eine Beanstandungsquote von 41,1 Prozent“, sagte Strobl.

Bei Fahrradfahrern stieg die Zahl der Unfälle im vergangenen Jahr zwar nur leicht (plus 0,3 Prozent), dennoch wurden 45 von ihnen tödlich verletzt, davon zehn Pedelec-Nutzer. 32 der 45 hatten übrigens keinen Helm getragen. Bundesweite Zahlen für die Unfallentwicklung liegen laut Innenministerium noch nicht vor.

Die Landtags-SPD erklärte, sie unterstütze die Bemühungen, die Zahl der Verkehrstoten zu reduzieren: „Wir müssen noch deutlicher auf die Gefahren von Handynutzung am Steuer hinweisen und die Verkehrssicherheit durch verstärkte Kontrollen der Verkehrsteilnehmer erhöhen“, sagte Fraktionsvize Sascha Binder. Die Steigerung der Verkehrstoten um gut 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zeige, dass hier großer Handlungsbedarf bestehe.