Wie können Verbraucher und Unternehmen bei einer möglichen Gasknappheit im Winter Energie sparen? Das sind die Ergebnisse des Gasgipfels in Stuttgart.

Eine mögliche Gasknappheit im Herbst und Winter beschäftigt mitten im Hochsommer die grün-schwarze Landesregierung. Am Montagmittag hatten sich rund 40 Vertreter aus Politik und Wirtschaft versammelt, um sich beim Gasgipfel im Neuen Schloss in Stuttgart auf den Winter vorzubereiten. Dieser könne „ zu einer Zerreißprobe führen“, sagte Winfried Kretschmann zum Auftakt des Treffens. Laut dem Ministerpräsidenten stehe jetzt „unsere Freiheit, unserer innerer Frieden, unser wirtschaftlicher Wohlstand und unsere soziale Sicherheit auf dem Spiel“.

 

Bei dem Treffen sollten vor allem Vorschläge gesammelt werden, wie Verbraucher und Industrie schnell Energie sparen können. Denn Kretschmann will das Land für den Fall vorbereiten, dass Russland als Reaktion auf die westlichen Sanktionen wegen des Angriffs auf die Ukraine seine Gaslieferungen an Deutschland weiter drosselt. Der Ministerpräsident appelliert an die Bürgerinnen und Bürger: „Es kommt in dieser Situation nun auf alle an, denn jede Kilowattstunde zählt.“ Alle müssten sparen, dazu zählten neben den Bürgern auch der Staat und die Unternehmen.

Mangellage soll durch deutliche Einsparung vermieden werden

„Wenn wir es schaffen 20 Prozent einzusparen, dann werden wir in keine Gasmangellage kommen“, so Kretschmann bei der an den Gipfel anschließenden Pressekonferenz. „Wir haben es alle selbst in der Hand.“ Eine ähnliche Botschaft vermittelte auch Energieministerin Thekla Walker. Wenn die Einsparungen bei den Haushalten umgesetzt würden, könne „jeder und jede einen Beitrag leisten“. Walker unterstrich dabei, dass es nicht nur um diesen, sondern auch um den folgenden Winter gehe.

Auf die Unberechenbarkeit von Russlands Präsident Putin verwiesen unter anderem Winfried Kretschmann und Thomas Strobl. Man müsse sich auch auf das Unvorstellbare vorbereiten, so der Innenmister. „Die Lage ist sehr ernst“, sagte Strobl. Aber: „Wir sind der Lage nicht hilflos ausgesetzt, wir bereiten uns gründlich vor.“ Das gemeinsame Ziel sei es, mit den Energie-Einsparungen die nächste Alarmstufe zu vermeiden. Denn dann müssten strikte Verbote erlassen werden.

Baden-Württemberg soll bei Engpass nicht benachteiligt werden

Kretschmann zeigte sich auch überzeugt, dass Baden-Württemberg bei einem Engpass nicht benachteiligt werde. Im Gespräch mit dem Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, habe man nochmal hinterlegt, dass die starken Unternehmen im Südwesten nicht die „Gekniffenen“ sein dürften.

Müller hatte zuvor in seinem Lagebericht beim Gasgipfel gesagt, dass er das Ziel eines Gasspeicher-Füllstands von 90 oder 95 Prozent zum 1. November für unrealistisch hält. Wenn es dabei bleibe, dass 40 Prozent der Lieferkapazität durch die Gaspipeline Nord Stream 1 fließe, seien im besten Fall maximal 80 bis 85 Prozent zu erreichen, sagte Müller nach Angaben von Teilnehmern. Derzeit liege der Füllstand bei 65,9 Prozent. Er gab demnach zu bedenken, dass die Füllstände in vielen Nachbarländern niedriger seien.

Sparprogramm und Hilfen geplant

Am Ende des Gasgipfels soll eine gemeinsame Erklärung stehen, die unserer Zeitung vorliegt. Darin heißt es, man verpflichte sich, möglichst viel Gas einzusparen und mit möglichst vollen Speichern in den Winter gehen zu können. Dazu wollen Land und Kommunen, Arbeitgeber und Gewerkschaften, Handwerk und Energieversorger sowie Verbraucherinnen und Verbraucher in Baden-Württemberg „ein kurzfristig wirksames Sparprogramm“ umsetzen.

Wie dies genau aussehen soll, wird in der Erklärung allerdings nicht näher ausgeführt. Jedes Unternehmen und jede Einrichtung soll, unterstützt von ihren Spitzenverbänden, Sparpotenziale identifizieren und so die Verbräuche senken. Zentrales Ziel aller vorgestellten Maßnahmen ist es, Gas und auch Strom zu sparen, auch etwa, indem Betriebe schnell Genehmigungen erhalten, um auf Öl umzustellen.

Ziel sei es, den Kostendruck für private Haushalte, Kommunen und Wirtschaft zu reduzieren. Das werde allerdings in einer Mangellage nicht ausreichen. Man müsse deshalb auch Hilfen bereitstellen für jene Bevölkerungsgruppen, die die gestiegenen Kosten nicht stemmen könnten, heißt es weiter.

Raumtemperatur in Behörden soll gesenkt werden

Daneben hat sich die Landesregierung während des Gasgipfels zu einem eigenen Fünf-Punkte-Programm verpflichtet, mit dem in den Behörden und Einrichtungen des Landes der Wärme- und Stromverbrauch gesenkt werden soll. Die Raumtemperatur in den Behörden soll, sofern der Bund es genehmigt, auf 18 Grad gesenkt werden. Warmwasser werde es in den Sanitärbereichen nicht mehr geben. Klimaanlagen sollen außer an Hitzetagen abgeschaltet werden.

Mit Material von dpa