Der Finanzplatz Stuttgart hat im Rahmen von so genannten „Fintech Days“ erstmals innovative Start-ups aus der Finanztechnologie zu einem Wettbewerb in die Stadt gelockt.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Stuttgart ist in Deutschland ein starker Finanzplatz. Doch wenn es es um innovative Start-ups aus dem Bereich der Finanztechnologie, die so genannten Fintechs geht, rangiert man unter ferner liefen. Frankfurt schafft es immerhin hinter Berlin, Hamburg und München bei der Zahl dieser Fintech-Start-ups auf Platz vier; Stuttgart jedoch wird bei den Top-Standorten gar nicht erst genannt.

 

Die ersten Stuttgarter „Fintech-Days“, bei denen sich in der Rotunde der L-Bank zehn viel versprechende Unternehmen präsentierten, sollten für das Thema mehr Aufmerksamkeit erzeugen. „Das ist hoffentlich der Auftakt für viel Aktivitäten in diesem Bereich in Stuttgart“, sagte die baden-württembergische Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut am Mittwoch. „Wir haben hier noch einen großen Nachholbedarf.“Ulli Spankowski, Geschäftsführer des veranstaltenden Interessenverbands Stuttgart Financial betonte die Signalwirkung: „Wir haben jetzt nicht gleich den Anspruch, ein neue Start-up-Hochburg aufzubauen.“ Man wolle aber den Start-ups, die man zusätzlich mit einem mehrtägigen Ideen-Workshop lockte, das hiesige Kundenpotenzial zeigen: „Und wenn die Hauptkunden in Stuttgart sitzen, dann könnte es für ein Start-up interessant werden, hierher seinen Sitz zu verlegen.“ Dass es für Deutschland fünf vor zwölf ist, zeigte Alec Rauschenbusch von der Stuttgarter Risikokapitalfirma Grazia Equity in einem Grundsatzreferat. Während selbst Schweden mit dem Zahlungsanbieter Klarna eine Firma mit einem Wert von fast zweieinhalb Milliarden Dollar (2,4 Milliarden Euro) vorweist, erreichen keines der inzwischen 400 deutschen Start-ups im Finanzbereich ansatzweise diese Größenordnung. „Deutschland muss sich sputen“, sagte er.

Für Deutschland ist es fünf vor zwölf

Die meisten Teilnehmer stammten aus Berlin und Frankfurt. Aus Frankfurt kam auch der Sieger Giromatch, ein Start-up, das die Kreditvergabe automatisiert. Bei den zehn Präsentationen dominierten Unternehmen, die auf Kooperationen mit bestehenden Finanzinstituten setzen.

Dafür standen auch die zwei teilnehmenden Start-ups aus der Region. Display Tan aus Tübingen setzt auf das Sicherheitsbedürfnis deutscher Bankkunden und will die Bankkarte zu einem Generator machen, mit dem die für Überweisungen notwendigen Code-Nummern (Tan-Nummern) erzeugt werden. Heute verwenden viele Banken dafür eine App auf dem Smartphone. Das ist zwar bequem, aber nicht sicher. Doch ist das Sicherheitsbedürfnis bei Banken und Kunden so hoch, dass sie zusätzliche Euro für die Hightech-Plastikkarte investieren wollen? Das Start-up, das an der Universität Tübingen entstand, ist ein gutes Beispiel für ein technologiebasiertes Start-up aus Baden-Württemberg – technisch ausgefeilt, aber beim Geschäftsmodell ausbaufähig. „Wie bei Technikern so üblich, sind wir bei Vertrieb und Marketing bisher noch sehr schwach aufgestellt“, sagte der Geschäftsführer und Informatikwissenschaftler Bernd Borchert.

Frankfurt rollt Finanz-Start-ups den roten Teppich aus

Eine ganz andere Herangehensweise hat das Stuttgarter Start-up Pay & Relax gewählt. Hier will man ein Problem bei Verkäufen von privat an privat auf Onlineplattformen lösen. Wie kann man gewährleisten, dass der Verkäufer sein Geld erhält, aber der Käufer erst zahlt, wenn er eine einwandfreie Ware in der Hand hat? Bisherige Gütesiegel greifen bei solchen privaten Transaktionen nicht. Das Start-up bietet an, das Geld auf einem Treuhandkonto zu parken, wo es erst freigegeben wird, wenn alles in Ordnung ist. Die Stuttgarter kooperieren dafür mit Banken. Man hat bisher Institute in Frankfurt und Berlin gewonnen, aber nicht in Stuttgart. „Anderswo gibt es inzwischen eine große Offenheit bei der Zusammenarbeit mit Start-ups“, sagt Mitgründer Thomas Niemann.