Der Handschlag zwischen Donald Trump und Kim Jong Un beim Nordkorea-Gipfel in Singapur gilt schon jetzt als historisch. Richtig die Hände zu geben ohne zu „schlagen“, ist eine Kunst, die eingeübt sein will.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Singapur/Stuttgart - Mit Händeschütteln kennt sich US-Präsident Donald Trump besonders gut aus. Seine „Handshakes“ lieferten schon mehrfach Stoff für Schlagzeilen. Legendär ist Trumps Niederlage in der „Handshake-Battle“ gegen den französischen Präsidenten Emmanuel Macron am 25. Mai 2017 in der Brüsseler Botschaft.

 

Bei seinem ersten Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel im März 2017 im Weißen Haus verweigerte Trump seinem deutschen Gast ostentativ den Handschlag. „Mit DIR will ICH kein Händchenhalten!“, lautete die Botschaft.

Beim Nordkorea-Gipfel im Luxushotel Capella auf der Insel Sentosa in Singapur ist der Handschlag zwischen Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un mindestens so historisch wie das Dokument, dass beide Staatsmänner unterzeichnet haben.

Ein Normalo-Deutscher schüttelt etwa 15 000 mal während seines Lebens den Mitmenschen die Hand, haben Wissenschaftler ausgerechnet. Richtig die Hände zu geben ohne zu „schlagen“, ist eine Kunst, die eingeübt sein will. Nicht zu lange (drei bis vier Sekunden), nicht zu heftig (weder schütteln noch rühren), nicht zu lasch oder zu kräftig (wirkt erbarmungswürdig oder dominant), nicht zu warm und feucht (zeugt von Nervosität).

Schon in der Antike war das Reichen der rechten Hand, ein Zeichen der Verbundenheit, des Aufhebens von Grenzen und des Stiftens von Gemeinschaft. Wer sie ablehnt, grenzt sich selbst aus und darf auch nicht auf Respekt anderer hoffen.

Kulturübergreifendes Phänomen

Als Geste der Begrüßung und Verabschiedung ist der Handschlag ein kulturübergreifendes Phänomen. Am Händedruck erkennt man instinktiv den Schlaffi oder Egomanen, den Pfadfinder oder Ghetto-Fäustling. Wer Angst vor Viren hat, vermeidet es die ausgestreckte Hand zu ergreifen und stößt damit sein Gegenüber vor den Kopf.

Dasselbe geschieht, wenn der eine glaubt aus religiösen, geschlechtlichen oder standesrechtlichen Gründen über dem anderen zu stehen. Wer den Handschlag verweigert, gilt als extrem unhöflich, unsozial und desintegrativ. Die leere Waffenhand auszustrecken ist ein Akt des Vertrauens. Er reicht sie zur Versöhnung, zum Frieden, zur Freundschaft.

In der modernen Mediengesellschaft ist das öffentliche Händeschütteln ein politisches Signal. Je länger es dauert, je inniger die Umklammerung, je stärker das Lächeln desto größer ist die vorgespielte binationale Verbundenheit. Die Handschläger werden zu Protagonisten der Völkerfreundschaft stilisiert.

Vom „Raketen-Mann“ zur „großartigen Persönlichkeit“

Kim Jong Uns Handschlag hat Donald Trump schwer beeindruckt. Im September 2017 hat er Nordkoreas Machthaber vor der UN-Vollversammlung in New York noch als „Raketen-Mann“ tituliert, der „auf dem Weg des Selbstmordes für sich selbst und für sein Regime“ sei.

Jetzt hat der 71-jährige Amerikaner den 34-jährigen Nordkoreaner über den grünen Klee als „großartige Persönlichkeit“ und „sehr ehrenwerten, sehr smarten Verhandler“ gelobt. „Ich habe gelernt, dass er ein sehr talentierter Mann ist. Ich habe auch gelernt, dass er sein Land sehr liebt.“ Was so ein Handschlag doch alles bewirken kann.