Cheers! Foto: KI/Midjourney/Montage: Maria Pichlmaier
Wo kann man sich stilvoller betrinken als in der heimeligen Atmosphäre einer Hotelbar, wo sich lokaler Charme mit globalen Einflüssen mischt? Wir stellen sechs legendäre Zapfstellen vor.
Geselligkeit und Ruhe schließen sich eigentlich aus. Und doch muss eine gute Hotelbar beides bieten. Sie soll Zufluchtsort sein, Treffpunkt der einsamen Herzen, Schankstelle für Spirituosen. Hier tummeln sich Liebespaare, Freundesgruppen, Geschäftspartner, Einzelgänger, Touristen und Einheimische. Als Kirsche auf dem Cocktail gibt’s den neuesten Klatsch vom Barkeeper, der genau weiß, wann er reden und wann er schweigen soll, und der alle Geheimnisse kennt. Wie praktisch: erwischt man einen Drink zu viel, hilft die Rezeption gerne weiter und bietet ein Bett für die Nacht.
Aussichtsreich: die Rooftop Bar des Knickerbocker Hotels am Times Square. Foto: Hotel
Geschüttelt, nicht gerührt: Was wäre der Agent James Bond ohne seinen Martini, diese Mischung aus Gin und trockenem Wermut, dazu eine Olive? Angeblich wurde der Drink 1912 in der Bar des Knickerbocker Hotels am Times Square in New York City von einem Barkeeper erfunden, der Martini mit Vornamen hieß. Herr Martini servierte die Kreation keinem Geringeren als John D. Rockefeller. Der Milliardär wollte unbedingt etwas bestellen, was noch nicht auf der Karte stand. Gebaut wurde das Luxushotel 1906 von einem anderen sehr reichen Mann: John Jacob Astor IV. Als der mit der „Titanic“ unterging, führte sein Sohn Vincent Astor das Hotel ein paar Jahre erfolgreich weiter.
Zu den Stammgästen zählte der Tenor Enrico Caruso oder der US-Schriftsteller F. Scott Fitzgerald. Dann kam 1921 die Prohibition, Alkoholausschank wurde verboten, es ging bergab. Das Hotel musste schließen, in das Gebäude kamen Büros, unter anderem zog das Magazin „Newsweek“ ein. Später befand sich hier eine Filiale des Modelabels Gap. 2015 wurde das Hotel wieder eröffnet und erstrahlt nun im alten Glanz als eine exquisite Oase mit glamouröser Vergangenheit am Rande des blinkenden Times Square, inklusive Rooftop Bar. Und eine Martini Lounge gibt es auch.
Gemütlich und klein ist die Bar des Hotels Vier Jahreszeiten. Foto: S usanne Hamann
Es ist nicht einfach, in der Bar des Hotels Vier Jahreszeiten einen Platz zu ergattern. Die exquisite Institution zählt zu den beliebtesten in ganz Hamburg und bietet nur 17 Plätze. Eigentlich befand sich hier das Büro des Hoteldirektors, 1975 wurde das Kontor zur kleinsten Theke der Hansestadt. Das Chefbüro liegt seither im Souterrain neben der Eingangstür.
Die Jahreszeiten-Bar ist sehr exquisit eingerichtet. Die Tür stammt aus einer Kapelle aus dem 16. Jahrhundert, als Sofas fungieren rote Rückbänke aus einem Rolls-Royce. Im Gästebuch sieht man auf Fotos viele Promis genau hier sitzen. Die Wände sind mit Antilopenleder bespannt, das Zigarettengeruch besonders gut absorbiert. Denn in dieser Bar darf man rauchen. Neben 70 verschiedenen Whiskys und 25 unterschiedlichen Gins werden auch Cocktail-Klassiker und moderne Drinks serviert. Als Spezialität gilt der „Hamburg Sour“, bestehend aus Kümmel, Maraschino, Apfel, Zitrone, Zucker und pasteurisierten Eiweiß.
Hemingways Wohnzimmer: Bar im Hotel Ritz. Foto: Hotel / Jerome Galland
Man sagt, Ernest Hemingway habe im August 1944 die Bar des Hotel Ritz an der Pariser Place Vendôme persönlich von den deutschen Besatzern befreit. Klar, der bekannte Trinker wollte sich möglichst rasch wieder einen Drink genehmigen. Ob’s stimmt? Egal, die Geschichte ist einfach so schön, dass man sie glauben möchte.
Zu Ehren des Schriftstellers gibt es noch heute im Ritz die Bar Hemingway, ein intimer Ort mit gepolsterten Ledermöbeln und gedämpftem Licht. Die einzige Musik, die hier erlaubt ist, ist das Klirren der Eiswürfel im Glas. In einer Ecke steht eine Schreibmaschine und an den holzvertäfelten Wänden hängen Hemingway-Devotionalien wie Fotos, Briefe, Zeitschriftencover und ein Fisch. Ob es ein Marlin ist wie in „Der alte Mann und das Meer?
Rex Hotel, Ho-Chi-Minh-City
Die Dachterrasse des Rex war Treffpunkt im Vietnamkrieg. Foto: K irsten Rick
Das Hotel Rex mitten in Ho-Chi-Minh-City wurde in den 1930er Jahren als Citroën-Autohaus gebaut und erst später zum Hotel umgestaltet. Während des Vietnamkrieges ist die Terrasse so was wie Klein-Manhattan mitten in Saigon. Eine Enklave der US-Armee mit Pool, Bar, Band und Spielautomaten. Die Stadt liegt den Amerikanern buchstäblich zu Füßen. Ab 1965 informieren die Streitkräfte hier oben im fünften Stock über die Neuigkeiten des Vietnamkriegs, immer nachmittags um 17 Uhr.
Weil dabei Nachrichten geschönt werden, was das Zeug hält, taufen die internationalen Reporter die Veranstaltungen „Five O’Clock Follies“. Heute gibt es noch immer „Unsinn um fünf Uhr“ – in Form eines Cocktails. Die Mischung aus Rum, Wodka, Gurkensaft, Minze und Limone erinnert an Caipirinha. Mutige bestellen einen Drink namens „B 52“, die Abkürzung steht für einen Langstreckenbomber der US-Luftwaffe. Spielautomaten gibt es nicht mehr, die Aussicht aber ist immer noch großartig.
Legendär seit 1893: die American Bar im Hotel Savoy. Foto: Savoy / Jack Hardy
Zwischen Piccadilly Circus und Leicester Square liegt das erste Luxushotel auf britischem Boden: Das Savoy wurde vom Leiter des Savoy-Theaters, Richard D’Oyly, der für die Künstler und Gäste eine standesgemäße Unterkunft wünschte, gegründet und 1889 eröffnet. Von seinen Reisen in die USA kannte D’Oyly die neuesten Finessen und ließ technischen Schnickschnack wie private Bäder in vielen Zimmern einbauen. Die „Times“ kommentierte mit britischem Humor: „Bei den zu erwartenden Gästen muss es sich um Amphibien handeln.“
Die seit 1893 existierende American Bar im Savoy hat Standards in der Mix-Kunst gesetzt. US-Astronaut Neil Armstrong bekam eine maßgeschneiderte Kreation namens „Moon Walk“. Zu den berühmten Gästen zählt Ernest Hemingway (wer sonst?), Winston Churchill ließ als ein Stammgast seine eigene Flasche Whisky aufbewahren. Zwischen 2007 und 2010 wurde das Savoy für 220 Millionen Britische Pfund renoviert. Der Service ist noch immer exquisit, während ein Pianist dezent das Elfenbein kitzelt.
Quartier für die Gäste des Orient-Express: Pera Palace. Foto: Su sanne Hamann
Pera ist griechisch für „drüben“. Damit meint man in Istanbul den Hügel auf der anderen Seite des Goldenen Horns. In dem Stadtteil, der eigentlich Beyoğlu heißt, stehen viele Gründerzeithäuser. Mittendrin: das Hotel Pera Palace. Als das Haus 1895 eröffnete, staunte man über den Luxus: elektrisches Licht, warmes Wasser und ein elektrisch angetriebener Fahrstuhl. Den Gästen des Orient-Express‘ wollte man Komfort von Weltrang bieten, wenn sie schon tagelang durch den Balkan fahren mussten, um nach Konstantinopel alias Istanbul zu kommen. Natürlich war Ernest Hemingway oft zu Gast, im Krieg trafen sich Alliierte und türkische Unterhändler in der Orient-Bar zum Drink.
In Zimmer 411 schrieb Agatha Christie große Teile des Romans „Mord im Orient-Express“. In Zimmer 101 soll Mustafa Kemal Atatürk die Revolution geplant haben.
Inzwischen hat die türkische Industriellenfamilie Sabanci das Hotel gepachtet, Betreiber ist der arabische Jumeirah-Konzern. Von 2006 bis 2010 wurde renoviert. Nun ist es wieder schick, in der Orient-Bar im Pera Palace zu trinken und gesehen zu werden.
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