Trekkingcamps auf der Alb Wo man beim Campen Geld spart
Campingplätze sind teuer, Wildcampen ist verboten. In diese Lücke wollen Trekkingcamps stoßen. Für wenig Geld kann man dort in der Natur übernachten – ist aber auf sich allein gestellt.
Campingplätze sind teuer, Wildcampen ist verboten. In diese Lücke wollen Trekkingcamps stoßen. Für wenig Geld kann man dort in der Natur übernachten – ist aber auf sich allein gestellt.
Mitten im Wald von Unterschmeien steht eine Toilette. Ein hölzernes Häuschen, relativ unscheinbar, innen sauber und gepflegt. Eine Spülung gibt es nicht, stattdessen wird die Notdurft mit Sägemehl kompostiert. Verhältnismäßig viel Komfort in der Natur, genutzt werden soll die Toilette auch nur von ausgewählten Gästen. Denn sie gehört zu einem der fünf Trekkingcamps im Naturpark Obere Donau. Dort kann man günstig und legal im Wald campen – wenn auch zu spartanischen Bedingungen.
Von der Toilette aus führt ein Hackschnitzelpfad hinunter zum Camp, das streng genommen aus nicht mehr als einer hölzernen Tischgruppe und einer Feuerschale besteht. Dort haben es sich Elena und Kevin an einem frühen Freitagabend im Mai gemütlich gemacht. Das Feuer flackert schon, zwischen zwei Bäume haben sie eine mitgebrachte Hängematte gespannt, auch ihr Zelt haben sie bereits aufgebaut. Die beiden studieren in Konstanz, der Ausflug auf die Alb ist ein Tagestrip. „Ich gehe gerne campen, und hier ist das eine besondere Erfahrung“, sagt Elena.
Denn im Gegensatz zu Übernachtungen auf üblichen Campingplätzen sind keine anderen Menschen da. Theoretisch wäre noch ein zweiter Platz im Camp buchbar gewesen, aber die beiden haben Glück gehabt und sind tatsächlich allein in der Natur. „Hier im Wald ist es noch mal schöner, weil man seine Ruhe hat“, sagt die 21-Jährige. Und ruhig ist es hier! Das nächstgelegene Örtchen ist der zwei Kilometer entfernte Sigmaringer Ortsteil Unterschmeien mit seinen rund 200 Einwohnern.
Anders als gewöhnlich auf einem Campingplatz gibt es im Camp allerdings auch sonst nichts – keinen Check-in, keine Überdachung und kein fließendes Wasser. Fünf Liter haben sich Elena und Kevin mitgebracht, zum Abendessen gibt es Nudeln. Dafür kostet die Übernachtung wenig Geld – 15 Euro werden für die Nacht fällig. „Normales Camping ist mittlerweile extrem teuer, dabei bekommt man eigentlich auch nur einen Platz auf einer Wiese“, sagt Elena. „Hier ist es eigentlich echt günstig für ein viel schöneres Erlebnis.“
Und sollte sich im Wald doch mal ein Problem auftun, dann schreitet Harald Kaut zur Tat. Er ist der sogenannte „Kümmerer“ für das Trekkingcamp in Unterschmeien. Jede der fünf Anlagen, die beim Naturpark Obere Donau gebucht werden können, hat einen solchen.
Kaut ist von Statur, Auftreten und Lebenseinstellung eindeutig der Typ Schaffer, ein Mann für alles. Hauptberuflich betreibt er seine eigene Holzverarbeitung. Die Sitzgruppe im Trekkingcamp hat er standesgemäß selbst gezimmert. Nebenher ist er Landwirt, außerdem dürfte es kaum einen Verein in Sigmaringen geben, in dem er nicht Mitglied ist. Für das Camp engagiert er sich aus tiefster Überzeugung – „da bin ich Idealist“, sagt er. „Ich glaube fest daran, dass solche Angebote bei den Leuten das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Klima schärfen.“
Als der Verein hinter dem Naturpark Obere Donau Mitte des Jahres 2021 auf die Gemeinden zuging, um die Trekkingcamps einzurichten, meldete Kaut sich freiwillig als „Kümmerer“. Anderthalb Jahre Vorlauf brauchte es, bis die fünf Camps in der Umgebung Sigmaringens, in Mengen und in Gammertingen 2023 eröffneten. „Nach und nach hat es sich rumgesprochen“, dass es diese Camps überhaupt gibt, sagt Ida Reichenecker vom Naturpark. „Die Buchungszahlen haben sich vom ersten zum zweiten Jahr verdoppelt.“
Gerade verlängerte Wochenenden und Schulferien seien beliebt, manche Camps sind schon Wochen vorher ausgebucht. Wenn ein Camp unter der Woche mal für ein paar Tage leer steht, ist das für Reichenecker überhaupt kein Problem, im Gegenteil: „Wir brauchen keine Dauerauslastung, außerdem muss die Natur auch mal ruhen.“
Neu ist das Ganze freilich nicht, vergleichbare Angebote gibt es im Schwarzwald oder in der Eifel schon seit Längerem. Die Grundidee ist überall dieselbe: Neben dem geringen Preis und der Abgeschiedenheit gehört zum Konzept auch, dass man die genaue Lage des Camps erst erfährt, wenn man gebucht hat. Erreichbar ist das Lager nur zu Fuß.
Für Elena und Kevin ging die Route von Konstanz mit dem Regionalzug nach Sigmaringen und von dort aus mit dem Bus nach Unterschmeien. Danach stand noch ein etwa halbstündiger Fußmarsch an – ungefähr so weit ist auch der nächste Parkplatz entfernt. „Es ist ein Erlebnis im Ganzen“, erklärt Harald Kaut. „Deshalb hatten wir auch noch nie Probleme mit Vermüllung oder Sonstigem.“ Die beiden Campgäste Elena und Kevin sind ihrerseits mit ihrem Aufenthalt vollauf zufrieden.
Kaut sieht indes beim Gesamtkonzept noch Verbesserungspotenzial. „Wir müssen es schaffen, dass es einen Rundweg zwischen den Camps gibt“, findet er. Bislang würde man an einem Tag nur den Weg zwischen Unter- und Oberschmeien schaffen, die übrigen Camps seien zu weit voneinander entfernt. „Ich hoffe, dass mal jede Gemeinde so ein Angebot hat.“
Ganz so forsch will Ida Reichenecker nicht vorgehen. Mitte des Jahres könnte aber ein neues Camp im Naturpark eröffnet werden. „Wir wollen organisch wachsen und nichts überstürzen“, sagt sie. „Mit ein oder zwei neuen Camps im Jahr sind wir voll zufrieden.“