Eine stabile Geburtenrate und hohe Zuwanderung haben zu einer Trendwende geführt. Die Schülerzahlen im Land gehen nicht drastisch zurück, wie vor Jahren erwartet. Sie steigen vielmehr. Damit ist auch die Streichung von Lehrerstellen vom Tisch.

Stuttgart - An den Grundschulen in Baden-Württemberg rechnet das Statistische Landesamt im Schuljahr 2025/26 mit 14 Prozent mehr Schülern als im zu Ende gegangenen Schuljahr. In ihrer aktuellen Vorausrechnung gehen die Statistiker davon aus, dass in acht Jahren 433 000 Kinder die Grundschulen Baden-Württembergs besuchen werden. An den Grundschulen steigen die Schülerzahlen schon seit drei Jahren wieder. An Realschulen und Gymnasien ist in den kommenden Jahren zunächst noch mit Rückgängen zu rechnen. Die Zahl der Realschüler wird der Vorausrechnung zufolge in den nächsten fünf Jahren von jetzt 219 100 auf 204 200 absinken und bis zum Schuljahr 2025/26 wieder auf 210 500 steigen, aber unter dem jetzigen Niveau liegen.

 

Nur noch halb so viele Hauptschüler wie heute

An den Gymnasien halten die Statistiker bis 2025 einen Anstieg auf 315 100 für möglich, das wären drei Prozent Gymnasiasten mehr als im vergangenen Schuljahr. Allerdings ergibt die Modellrechnung in den kommenden drei Jahren zunächst einen leichten Rückgang um 4000 auf 300 500 Schüler. Weiter rückläufig sind die Zahlen der Haupt- und Werkrealschüler. In acht Jahren sehen die Statistiker noch 43 300 Hauptschüler im Land, das wären knapp halb so viele wie gegenwärtig. Die Gemeinschaftsschulen könnten dagegen im Zuge des Ausbaus auf 99 100 Schüler steigen. Derzeit besuchen 51 500 Jugendliche eine Gemeinschaftsschule.

Weiterhin rückläufige Zahl an Berufsschülern

Rückläufige Schülerzahlen werden weiterhin an den beruflichen Schulen erwartet. Die Statistiker rechnen in acht Jahren mit 14 Prozent weniger Berufsschülern als 2016/17. Es könnten dann 370 800 junge Menschen die Berufsschulen besuchen. Dabei sei berücksichtigt, dass Zuwanderer länger als bisher im beruflichen System bleiben könnten.

An allen Schulen im Land werden der Statistik zufolge die Schülerzahlen bis zum Schuljahr 2020/21 noch leicht sinken – von derzeit 1,544 Millionen auf dann 1,511 Millionen. Fünf Jahre später, im Schuljahr 2025/26, könnte mit 1,546 Millionen Schülern in etwa das gegenwärtige Niveau wieder erreicht sein.

Als Ursache für die wieder steigenden Zahlen geben die Statistiker die Stabilisierung der Geburtenzahlen und eine relativ hohe Zuwanderung an. Für die Vorausrechnung nahm das Statistische Landesamt auch für die nächsten Jahre eine hohe Zuwanderung an.

Lehrerstellenabbau inzwischen vom Tisch

In früheren Prognosen war ein erheblicher Schülerrückgang erwartet worden, der zu einer drastischen Reduzierung der Lehrerstellen führen sollte. Das ist inzwischen vom Tisch. Vor dem Hintergrund steigender Schülerzahlen sei es „der richtige Schritt, den von der Vorgängerregierung festgelegten Abbau von 700 Lehrerstellen mit dem Doppelhaushalt 2018/19 endgültig zu stoppen“, lobt sich Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU). Die Landesregierung werde die Entwicklung der Schülerzahlen „auch künftig sorgfältig im Blick haben, um vorausschauend und bedarfsgerecht zu reagieren“, erklärte Eisenmann. Mit Blick auf die stark steigende Zahl der Grundschüler sagte die Ministerin, das Land habe die Ausbildungskapazitäten für das Lehramt Grundschule unlängst erhöht.

GEW fordert mehr Studienplätze

Das lässt die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) nicht gelten. „Niemand versteht, warum die grün-schwarze Landesregierung untätig bleibt und nicht endlich die Studienplätze für Grundschul- und Sonderpädagogik deutlich ausbaut“, kritisiert die GEW-Landesvorsitzende Doro Moritz. Sie warnt vor Lücken in der Unterrichtsversorgung schon zum kommenden Schuljahr: „Vor allem in der Grundschule wird in knapp drei Wochen mancher Platz hinter dem Lehrerpult leer bleiben.“ Moritz verlangt eine bessere Bezahlung für Grundschullehrer, andere Bundesländer seien bereits vorangegangen.

VBE mahnt verlässliche Planungsperspektive an

Die abweichenden Voraussagen der Vergangenheit gehen großteils auf die schwer zu prognostizierende Zuwanderung zurück. Doch führen die Reaktionen beim Verband Bildung und Erziehung (VBE) zu Kopfschütteln. Der Verband vermisst eine stabile und für einen längeren Zeitraum ausgerichtete Lehrerbedarfsanalyse. Die Schulen bräuchten eine verlässliche Planungsperspektive. Dem Verbandsvorsitzenden Gerhard Brand missfällt vor allem, dass Schulen „möglichst ohne zusätzliche Lehrerstunden“ mit steigenden Schülerzahlen zurecht kommen sollten. „Sinken die Schülerzahlen werden postwendend Stellen gestrichen“, klagt Brand. Er fordert wie die GEW den Wegfall der Zulassungsbeschränkung im Studiengang Grundschullehramt.