Kaum haben Ricarda Lang und Omid Nouripour ihren Rücktritt angekündigt, werden die Stimmen in der Opposition laut. Gefordert werden weitere Personalentscheidungen sowie eine vorgezogene Wahl.
Das politische Beben, das die Grünen am Mittwoch ausgelöst haben, versuchen die anderen Parteien zu nutzen. Nach dem Rücktritt der beiden Grünen-Bundesvorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour fordert die Union auch den Rücktritt von Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock.
„Wenn die Parteivorsitzende Ricarda Lang von der Notwendigkeit eines Neuanfangs und von neuen Gesichtern spricht, können ja wohl kaum diejenigen Vertreter im Amt bleiben, die zum Symbol der verkorksten Wirtschafts- und Migrationspolitik wurden - Baerbock und Habeck“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), der „Rheinischen Post“ (Donnerstag).
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann fordert Neuwahlen
Deswegen richteten sich laut Frei die drängenden Fragen auch an die führenden Bundesminister der Grünen. Was man sehe, sei die „Initialzündung einer Kettenreaktion.“ Habeck und Baerbock gingen darauf zunächst nicht ein.
Wirtschaftsminister Habeck nannte den angekündigten Rücktritt des Parteivorstandes einen „großen Dienst an der Partei“. Der Schritt zeuge „von großer Stärke und Weitsicht. Ricarda Lang und Omid Nouripour beweisen, was für sie der Parteivorsitz bedeutet: Verantwortung. Sie machen den Weg frei für einen kraftvollen Neuanfang“. Habeck sagte weiter: „Hinter uns liegen harte Monate, die Grünen standen voll im Gegenwind.“ Die Niederlagen bei den letzten Wahlen seien unstrittig vom Bundestrend beeinflusst. „Wir tragen hier alle Verantwortung, auch ich. Und auch ich will mich ihr stellen.“
Auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hat sich mit einer Forderung zu Wort gemeldet. Der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Donnerstag) sagte er, das Land verkrafte nicht ein weiteres Jahr mit der Ampel-Koalition. „Ich bleibe dabei: An Neuwahlen führt kein Weg vorbei.“
Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte am Mittwoch Konsequenzen: Habeck solle sein Amt niederlegen. Die Rücktrittsankündigung der Grünen-Vorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour sei „nichts anderes als ein Bauernopfer“, sagte er in Berlin. Dass der Grünen-Bundesvorstand im November komplett zurücktreten wolle, zeige, „dass die Ampel in sich zerfällt“. Grund für die sinkende Akzeptanz der Grünen seien nicht Fehler der Parteispitze, sondern das Regierungshandeln. Habeck persönlich sei verantwortlich für den wirtschaftlichen Niedergang Deutschlands. Dass Subventionen keine Lösung seien, habe unter anderem der Fall Intel gezeigt. Habecks Rücktritt sei „fällig und Neuwahl bei der Ampel auch – Punkt“, sagte Söder.
Grüne: Wer tritt sonst noch zurück?
Der gesamte Bundesvorstand legt sein Amt nieder. Dem Vorstand gehörten bislang neben Lang und Nouripour noch folgende Mitglieder an:
- die stellvertretenden Parteivorsitzenden Pegah Edalatian
- Heiko Knopf (ebenfalls Stellvertreter)
- Geschäftsführerin Emily Büning
- Bundesschatzmeister Frederic Carpenter
Alle hatten ihre Ämter Anfang 2022 übernommen; Lang und Nouripour übernahmen dabei den Parteivorsitz von Annalena Baerbock und Robert Habeck, die in die Bundesregierung wechselten.
Was wird aus der Ampel?
„Das hat keinerlei Auswirkungen auf die Koalition“, sagte Kanzler-Sprecher Steffen Hebestreit in einer ersten Reaktion. Lang und Nouripour seien schließlich bis zur Klärung ihrer Nachfolge auf dem Parteitag Mitte November weiter im Amt. Damit sei keine personelle Lücke oder ein Machtvakuum zu befürchten.
Wie der Politikbetrieb sonst auf das Aus der Grünen-Parteispitze reagiert, haben wir hier zusammengetragen.