Trevor Noah in der Porsche-Arena Dass Stuttgart nicht sexy ist, weiß er schon

Trevor Noah ist zurück bei seinen Stand-up-Anfängen (Archivbild). Foto: IMAGO/Everett Collection

Ein internationales Publikum kommt zu Trevor Noah in die praktisch ausverkaufte Porsche-Arena. Der südafrikanische Comedian spricht wenig über Politik – dafür aber über Olympia, Klogänge und Stuttgarts miserablen Ruf.

Freizeit und Unterhaltung: Theresa Schäfer (the)

Wie kommt ein Comedian von Berlin nach Stuttgart? Mit Eurowings. Dass dabei das Gepäck von Trevor Noahs Kollegen und Publikumsaufwärmer Wil Sylvince verloren geht, überrascht die Porschearena nicht wirklich. „Uuuuuh“ raunt das Publikum wissend. „Du kannst mich mal, Stuttgart“, ruft Trevor Noah zurück. „Niemand hat mir das vorher gesagt.“

 

Es geht viel ums Reisen am Samstagabend in der praktisch ausverkauften Porschearena. Das so internationale wie diverse Publikum kennt sich aus mit überbuchten Flugzeugen und nuschelnden Piloten. Noah, selbst aus Südafrika und lange in den USA zu Hause, fragt ab: Wer kommt aus Stuttgart? Wer aus Deutschland? Wer woanders her? Egal, welches Land er an diesem Abend erwähnt, jedes kriegt ein patriotisches Juchzen aus der Menge.

Deutsche Fahrradfahrer sind grässlich

Mit Englisch, der Sprache, in der der 40-jährige Comedian sein Stand-up-Programm „Off The Record“ abfeuert, hat dieses polyglotte Publikum natürlich kein Problem. Noah hat sich erkennbar auf den Europateil seiner Tour vorbereitet: Auf Witze über die US-Politik, die er als Host der amerikanischen Comedy-Nachrichten „The Daily Show“ sieben Jahre lang beackert hat, wartet man an diesem Abend vergebens. Dabei gäbe es viel zu besprechen: Harris, Biden, Trump. Dafür kriegen die Europäer ihr Fett weg: Franzosen – arrogant, träge und dann noch diese Nasale . . .  Kacken einfach mal in die Seine, um ihren Protest gegen Olympia zu manifestieren. Die Deutschen – zackig, effizient, aber schrecklich aggressive Fahrradfahrer. „Sie fahren, als würden sie jemanden jagen oder als würden sie gejagt.“ Wer bremst, verliert.

Dass Stuttgart nicht zu den sexysten Städten in Deutschland gehört, hat Trevor Noah auch schon mitbekommen. „Warum?“ würden ihn die Leute mit entsetztem Gesicht fragen, wenn er erzähle, dass er in Stuttgart auftrete. Berlin, wo er diese Woche den ersten seiner drei Deutschland-Gigs spielte (zwei davon steigen in der Schwabenmetropole), sei Clubs und Lederstrapse – Stuttgart? Porsche vielleicht? Ob das Landeshauptstädtle ein Chinatown habe, hatte bereits Wil Sylvince im Vorprogramm gefragt. Und sich die Frage gleich selbst beantwortet: „Jeder Chinese ist hier Chinatown.“ Ein Comedian von hier sitzt an diesem Abend übrigens auch im Publikum: Andi Kraus vom Stuttgarter Comedytrio Eure Mütter mag Noahs Stil, weil „alles so leicht wirkt, so mühelos.“

Böse Scherze im Plauderton

Wer früher regelmäßig die „Daily Show“ geguckt hat, weiß, dass Trevor Noah virtuos Akzente imitieren kann. Der Sohn einer südafrikanischen Xhosa und eines Deutschschweizers hüpft auch an diesem Abend kommod von französischem Näseln und Fantasie-Arabisch über den ostafrikanischen zum harten deutschen Zungenschlag. Er habe Deutsch gelernt, um seinen Vater zu beeindrucken. Bloß, irgendwas sei schief gelaufen, sagt er, und erzählt dann die Anekdote, wie er in einer Kölner Bäckerei Brötchen kaufen wollte – und dabei leider klang wie Hitler anno 38 im Sportpalast. Es ist nicht der einzige böse Scherz, den der Comedian in Plauderton und gepflegtem Englisch an diesem Abend raushaut.

Beleidigt ist aber keiner, nicht mal die Französin in einer der vorderen Reihen, die eigentlich aus Paris kommt, aber jetzt in Essen wohnt – und bei der sich Trevor Noah charmant entschuldigt für seine ziemlich lange, ziemlich gemeine Tirade über unsere französischen Nachbarn. Den Franzosen könne man ja eh nicht böse sein wegen Napoleons Feldzügen oder der Kolonialisierung – sie kochten einfach zu gut. Deutschland hingegen. . . Sauerkraut habe noch niemanden Deutschlands Vergangenheit vergessen lassen.

Nach anderthalb Stunden macht Trevor Noah um 22 Uhr pünktlich Schluss. Am Ende hat noch jemand einen Tipp für ihn: Das nächste Mal solle er doch mit dem Zug kommen. Doch auch das hat der Comedian schon gelernt über Deutschland: „Entweder kommt das Gepäck an oder wir.“

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