Taffe Powerfrau oder braves Hausmütterchen? In „Der Widerspenstigen Zähmung“ von William Shakespeare wird deutlich, dass dieser Konflikt nicht nur heutzutage aktuell ist, sondern auch Shakespeare beschäftigte.

Stuttgart - Kann man dieses Stück überhaupt noch aushalten, in dem ein Mann den Willen einer wunderbar starken Frau durch Dressur zu brechen versucht? Jetzt ist Shakespeares „Der Widerspenstigen Zähmung“ in der Tri-Bühne zu sehen. Gelingt es der Inszenierung von Edith Koerber, eine Männergesellschaft der Shakespearezeit so auf die Bühne zu bringen, dass man männlichen Dominanzwahn schlucken oder gar über ihn lachen kann? Die Bühne ist schlicht, man schaut auf schwarze Wände. Der reiche Baptista möchte seine Töchter verheiraten. Die Damen mit Aussicht auf eine fette Erbschaft sollen reichen Herren anvertraut werden. Leicht hätte Baptista es mit Bianca, für die sich eine Warteschlange von drei Freiern bildet. Doch erst will er die extrem sperrige Katharina an den Mann bringen.

 

Uns Heutigen ist das toughe Mädel sympathisch, damals war sie für einen Papa als Heiratskandidatin schwer vermittelbar. Karla Kaufmann spielt den Baptista sehr souverän, und dass sie mit Perücke und getönter Brille wie Bernie Ecclestone ausschaut, macht ihren Auftritt noch besser. Gespielt wird in modern gewandelten historischen Kleidern (Renáta Balogh).

Edith Koerber hat fast alle Männerrollen mit Frauen besetzt. Männliches Gegockel verkörpern Frauen, und auch das kumpelige Taxieren der beiden ungleichen Schwestern durch die großspurigen Herren vollführen Frauen, die diese Männer spielen. Koerbers Inszenierung nimmt die Gender-Diskussion der letzten Jahre auf und spielt witzig mit Geschlechtsrollen. Wenn eine Figur derb machohaft auftritt, aber von einer Frau gespielt wird, wird die Männlichkeit dieser Figur in Frage gestellt.

Ein intelligentes Vergnügen

Insgesamt acht Frauen spielen in dieser Inszenierung Männer. Am besten gelingt das Natascha Beniashvili-Zed als Petruchio. Sie tritt ganz in Schwarz auf, mit Stiefeln und Ledermantel, wie eine Italo-Western-Type. Petruchio scheint Katharina (Natascha Kuch) zu lieben und möchte sie heiraten. Der Super-Macho ist gewalttätig, als Ehemann dressiert er abstoßend seine Frau, und das mit Erfolg. Eigentlich ist Petruchio ein Unsympath. Doch Beniashvili-Zed spielt ihn mit einer ganz männlichen und zugleich wundervoll lässigen Körpersprache so hinreißend, dass die Macho-Type durchaus anziehend wirkt.

Gegen Ende verdichtet sich alles. Die einstmals Daueraufmüpfige Katharina singt ein Hohelied auf den Gattinnen-Gehorsam, während ihre frisch verheiratete Schwester Bianca (Stefanie Friedrich) erstaunlicherweise gegen eheliche Unterwerfung anrennt. Shakespeare erscheint als Autor, der vielleicht alles gar nicht so ernst gemeint hat und möglicherweise unglaublich modern ist. Eine intelligente Inszenierung, und sehr vergnüglich dazu.