In der Tri-Bühne in Stuttgart hat die Komödie „Der Kredit“ Premiere gefeiert. Die beiden Protagonisten liefern sich Wortgefechte auf Speed: Es geht um 3000 Euro – und noch viel mehr.

Kultur: Ulla Hanselmann (uh)

Stuttgart - Dreitausend Euro. Das ist nicht die Welt. Das sieht der Bankfilialleiter Goetz ganz richtig. Und trotzdem ist er nicht bereit, seinem Kunden Anton Schmidt einen Kredit in dieser Höhe zu gewähren – mangels „Sicherheiten“. Am Ende bedeuten diese läppischen dreitausend Euro für den vornamenlosen Herrn Goetz aber dann doch die ganze Welt. Denn am Ende steht der blass-biedere Anzugträger, der am Telefon in zuckersüßen Tönen seine Frau als Dummchen abstempelt oder voller Verachtung seinen Musiker-Loser-Bruder verhöhnt, als Jammerlappen da – und vor den Scherben seiner Existenz. Denn Schmidt ist zwar etwas nachlässig gekleidet, aber ein kluges, rhetorisch wieselflinkes Kerlchen und einer, der bei Frauen einen Schlag hat. So verfällt er in seiner Not auf einen perfiden Gedanken: „Wenn Sie mir den Kredit nicht geben, bügle ich Ihre Frau“. Will heißen: Ich geh mit ihr ins Bett.

 

Geld gegen Glück: Diese Rechnung macht der katalanische Autor Jordi Galceran in seinem Zwei-Personen-Stück „Der Kredit“ auf, in dessen knapp neunzigminütigem Verlauf am Freitag in der Stuttgarter Tri-Bühne sich die Machtverhältnisse zwischen den ungleichen Protagonisten so häufig ändern wie die Farben einer Lightshow. Es ist erstaunlich, welche Dynamik der Regisseur László Bagossy der dürftigen szenischen Anordnung Galcerans abgewinnt – zwei Männer in einem bis auf das Grün der Kaffeebecher und einer Yucca-Palme farblosen Büro: Christian Werners Bankbüro-Hengst und Manoel Vinicius Tavares da Silva als sein streetwiser Widerpart jagen ihre rhetorischen Scharmützel in den Turbogang hoch, bis zur herzschmerzenden Atemnot.

Die Inszenierung hat Drive

Die Textsicherheit der Schauspieler, die Inbrunst ihres Spiels ist faszinierend, ebenso der Facettenreichtum, den Christian Werner in seiner Figur aufscheinen lässt. Doch die überzeugenden Darsteller wie auch der Drive von Bagossys Inszenierung können die Oberflächlichkeit der Vorlage letztlich nicht wettmachen. Anfangs macht der Bittsteller Schmidt noch wiederholt „das neoliberale System“ als Ursache für seine Notlage aus, in den Dialogen deutet sich hie und da zart der Zusammenhang von Geld, Macht, Sprache im Turbokapitalismus an. Doch Galceran gräbt nicht tiefer; im zweiten Akt rutscht das Stück vollends in die Dreieinigkeit von Komödienstadl, Kalauer und Küchenpsychologie ab.

Da lässt sich Herr Goetz vom Womanizer Schmidt erst „die Methoden“ diktieren, mit deren Hilfe er seine – ganz ohne das Zutun von Herrn Schmidt verloren gegangene – Frau sicher zurückgewinnen will, bis Schmidt zugeben muss: „Es gibt keine Methode, es gibt keine Sicherheit für gar nichts“. Aus dieser feinen Ironie hätte das Stück mehr Kapital schlagen können.