Trickfilmer aus aller Welt messen sich in Stuttgart an einer großen Tradition.

Stuttgart - Animation ist für ihn große Kunst: Namen wie Picasso, Rodin und Mozart kommen über die Lippen des Oscar-Preisträgers und Historikers John Canemaker, wenn er beim Kongress FMX im Haus der Wirtschaft mit Sachverstand und Liebe alte Meister des Trickfilms wiederbelebt: Er nimmt die Rolle des Pioniers Winsor McKay ein, der schon 1914 live in Vaudeville-Theatern komödiantisch mit seinem Leinwand-Dinosaurier Gertie interagierte, er zeigt den zeichnerischen Schwung, mit dem der Disney-Animator Milt Kahl schon in Entwürfen Pinocchio 1940 dynamisches Leben einhauchte.

 

Frauen? Waren auch hier Mangelware, Lotte Reiniger vor 100 Jahren ein Solitär. Nun soll sich das richtig ändern, fordert die Initiative Initiative „Frauen in der Animation in Deutschland“, die nach wie vor Benachteiligungen beklagt. Mut machen hierzulande Animatorinnen wie Angela Steffen („Meine Schmusedecke“) und Julia Ocker („Animanimals“), in den Wettbewerben des Trickfilm-Festivals sind Frauen längst angekommen – mit ihren eigenen Themen. Die Polin Agata Mianowska etwa zeigt im Studentenwettbewerb „Norma“, einen reduzierten, ausdrucksstarken, wunderbar luftigen Film über weibliches Selbstwertgefühl.

Ein nervöses Huhn lenkt den Bus

Anarchisch wirkt die Animation aus Hongkong: Wong Ping etwa dreht in knallbunter Überzeichnung Alltagsgeschichten ins Absurde, wenn der Baum, die Elefantin und die Schabe im Bus fahren, den ein nervöses Huhn lenkt. In der Game Zone im Kunstgebäude erscheint dagegen vieles vertraut, retro gar. Den Animated Games Award bekam am Mittwoch „Trüberbrook“, ein hübsch gestaltetes Rätselspiel, in dem die etwas langatmige Suche nach Hinweisen allerdings daran erinnert, wie intuitiv und kurzweilig der Trip des räudigen „Leisure Suite Larry“ durch Las Vegas einst war – anno 1988.

Wolkenverhangen und kühl gibt sich bislang oft der Schlossplatz. Am Mittwoch stellte sich ein Hauch von Frühling ein und mit ihm die magische Atmosphäre, die nur beim Trickfilm herrscht. Die Kost indes war nicht leicht: „The Breadwinner“ dreht sich um eine Elfjährige und ihrer Familie, die unter der wüsten Taliban-Herrschaft in orientalische Märchenträume flüchten. Die Erzählung ist engagiert, aber unterkomplex, die Animation solide, aber eher grobkörnig.

Zumindest in den Augen jener, die gerade erst an Sternstunden einer großen Kunst erinnert worden sind. Die gibt es noch: Ohne Worte und zu stets passenden Experimentalrock-Klängen konfrontiert Si-Fung Mak aus Hongkong in „Back to Base“ ein fein animiertes Astronautenpaar auf einem fremden Planeten mit Paradoxien und Aliens.