Wolfgang Grupp wirtschaftet nach Grundsätzen von gestern – und bringt Unternehmensberater ebenso zur Verzweiflung wie Managerkollegen.

Burladingen - Es sieht aus, als wäre die Zeit weggezogen und hätte ihn zurückgelassen. Wolfgang Grupp sitzt entrückt an einem grellweißen Tisch, der wie eine Insel wirkt in einer tosenden See von Büromenschen. Neben ihm stehen gerahmte Bilder. Sie zeigen zwei Kinder mit einer jungen Frau, die früher Baroness Elisabeth von Holleufer hieß und Medizin studierte. Jetzt heißt sie Frau Grupp und verkauft T-Shirts wie die anderen in diesem Großraumbüro.

Hier also residiert er, der König von Burladingen, wie sie ihn im Dorf nennen. Er hat kein eigenes Büro, nicht einmal eine Empfangsdame. Ein schlichtes Telefon am Eingang tut es auch. "Zur Anmeldung nehmen Sie bitte den Hörer ab", steht neben dem Apparat. Bei Trigema in Burladingen ist manches anders. Betriebsbedingte Kündigungen? Umzug ins Billiglohnland? Globalisierung gibt es hier nicht, dafür garantierte Arbeitsplätze für alle Mitarbeiterkinder. Der Modeunternehmer Grupp gibt Regeln vor, die nicht mehr in Mode sind.

"Mahlzeit", grüßt der Chef. Von seinem Bürotisch kann er hinüberschauen zu seiner reetgedeckten Villa, in der ein schottischer Butler Dienst tut, der ihm jeden Mittag ein kleines Müsli serviert. Danach pafft Grupp eine Lord Extra. Das gehört zu seinen Ritualen wie das Schwimmen am Morgen. Seine Bahnen zieht er draußen im Garten, auch im Winter bei zehn Grad Minus. Er tut das, weil es sein muss. "Ich bin froh, wenn ich es hinter mich gebracht habe."

Für Grupp sind die Tage zu Hause wenig erbaulich


Disziplin zahlt sich aus. 68 Jahre alt ist Wolfgang Grupp, die letzten zehn davon sieht man ihm nicht an. Kein Gramm zu viel auf den Rippen, die Haare vom Hornkamm gescheitelt, das Hemd mit Kragenklammer sauber fixiert. Anders ist er nicht denkbar, der Anachronist von der Alb, an dem sich seit jeher die Geister scheiden. Die einen schimpfen ihn einen rückwärtsgewandten Selbstdarsteller, die anderen sehen in ihm den Unternehmer der Zukunft. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen.

Dass er so geworden ist, hat mit dem Humus zu tun, mit dem einer gedüngt wird, der schon als Kind auf den Schößen der Näherinnen sitzt. Sein Großvater Josef Mayer gründet 1919 die "Mechanische Trikotwarenfabrik Gebrüder Mayer KG". Es sind gute Jahre, bis Schwiegersohn Franz Grupp übernimmt und der mittelständische Betrieb neben dem Kerngeschäft auf Strickpullover aus Cotton setzt und auch auf Kunststoffe. Die neuen Tochterfirmen verschlingen Millionen, die Grupps müssen eine Villa am Bodensee verkaufen. Ende der sechziger Jahre haben sie zehn Millionen Mark Schulden bei knapp 18 Millionen Jahresumsatz.