Die Verfügung der Kartellbehörde gegen den Wasserpreis der EnBW ist für Hausbesitzer und Mietervereine ein Etappensieg. Wie genau die Rückabwicklung funktionieren solle, weiß aber heute noch niemand.

Stuttgart - Das Machtwort der Kartellbehörde gegen die Energie Baden-Württemberg (EnBW) hat auch beim Stuttgarter Haus- und Grundbesitzerverein (Haus & Grund) wie eine Bombe eingeschlagen: „Dass die Kartellwächter den Wasserpreis bis 2007 um 30 Prozent zurückdrehen wollen, ist äußerst bemerkenswert“, sagt der Haus&Grund-Vorsitzende Klaus Lang. Das sei ein Etappensieg für Hausbesitzer und Mieter. Wie die Rückabwicklung funktionieren solle, wisse aber heute noch niemand. Es sei zu befürchten, dass die Dinge nach langwierigen Gerichtsverfahren nicht mehr vollständig zu klären seien. Es dürfe aber nicht sein, dass ein Erstattungsverfahren auf Kosten der 19 000 Mitglieder von Haus & Grund gehe. „Der gesamte Aufwand muss erstattet werden“, sagt Geschäftsführer Ulrich Wecker.

 

Bereits vor zwei Jahren hatte Haus & Grund die Kartellbehörde des Landes aufgefordert, die fast zehnprozentige Wasserpreisanhebung der EnBW zum 1. August 2012 in einem Missbrauchsverfahren zu überprüfen. Der Vereinsvorsitzende Lang hielt es damals für dringend geboten, die Frage zu klären, „ob die EnBW durch die sprunghafte Wasserpreiserhöhung in Stuttgart ihre marktbeherrschende Stellung ausnutzt“. Bis dahin sollten die Bürger ihre Wasserrechnung unter Vorbehalt zahlen. „Das gilt auch heute noch“, betont Wecker.

Beim Stuttgarter Mieterverein geht man nach der Verfügung der Kartellbehörde jetzt noch einen Schritt weiter. „Die Verfügung, dass die EnBW den Wasserpreis rückwirkend von 2007 an um 30 Prozent senken muss, ist zu begrüßen“, sagt der Vorsitzende Rolf Gaßmann. „Leider fehlt aber der Sofortvollzug.“ Im Verfahren gegen die Berliner Wasserbetriebe habe das Bundeskartellamt 2013 eine sofortige Senkung des Wasserpreises und die rasche Rückerstattung überzahlter Beträge durchgesetzt. „Dieser Schritt wurde vom zuständigen Oberlandesgericht bestätigt“, so Gaßmann.

Rückzahlung wird durch langen Rechtsstreit schwierig

Der Mietervereinsvorsitzende befürchtet, dass die Rückzahlung der zu viel gezahlten Beträge durch einen jahrelangen Rechtsstreit immer schwieriger bis unmöglich wird. „In der Stadt ziehen 15 Prozent der Bewohner im Jahr um“, erläutert Gaßmann. „Wenn sich die Rückzahlung noch um ein paar Jahre verzögert, dann dürften nicht mehr viele Mieter in ihrer abgerechneten Wohnung leben oder überhaupt nicht mehr zu ermitteln sein.“

Von der Forderung nach einem Sofortvollzug hält man im Umweltministerium recht wenig. „In Baden-Württemberg liegen die rechtlichen Hürden für einen Sofortvollzug vor Gericht höher als anderswo“, heißt es. „Deshalb haben unsere Kartellwächter von diesem Schritt abgesehen“, betont Pressesprecher Frank Lorho. Auch bei dem seit Jahren laufenden Rechtsstreit der Kartellbehörde mit Wasserwerken in Calw habe es deshalb bis jetzt keine sofort vollziehbaren Anordnungen gegeben. Lorho bestätigt auf Anfrage, dass das nach Ansicht der Preiswächter seit 2007 zu viel gezahlte Wassergeld in Höhe von rund 140 Millionen Euro „von den EnBW jährlich mit vier Prozent verzinst werden muss“. Beträge, die eventuell nicht mehr an Verbraucher ausgezahlt werden könnten, dürften von den Kartellwächtern zugunsten der Landeskasse eingezogen werden.

„Die Entscheidung für die Verbraucher ist erfreulich“, sagt Peter Pätzold, Fraktionschef der Grünen im Gemeinderat. Eine Rückzahlung sei aber wahrscheinlich sehr kompliziert, falls die Gerichte dem Kartellamt recht geben sollten. „Dann müsste auch der Preis für den Rückkauf des Wassernetzes sinken“, so Pätzold.

Wie bereits berichtet, will die Stadt der EnBW das Wassernetz abkaufen, um die Versorgung künftig in einem kommunalen Eigenbetrieb zu organisieren. Das Rathaus hatte sich 2012 wegen der Wasserpreiserhöhung der EnBW auch an das Bundeskartellamt gewandt. In ihrer Antwort betonte dieses, es gebe Anzeichen, dass der Wasserpreis in der Landeshauptstadt seit 2007 im Vergleich mit 38 anderen Städten sehr hoch sei und weit über dem Durchschnitt liege. „Insoweit käme auch heute schon die Einleitung eines Preismissbrauchverfahrens in Betracht“, hieß es damals.

Die EnBW hingegen halten ihre aktuelle Kalkulation für angemessen. Der Wasserpreis in der Landeshauptstadt sei fair, transparent und halte jedem vernünftigen Vergleich stand. Zudem seien die Bürger mit der Versorgungsqualität zufrieden.