Trockenheit, Unwetter, Parasiten: Bäume haben es immer schwerer. Die Kommunen unternehmen große Anstrengungen, um die Stadtbäume zu retten. Das bedeutet höhere Kosten, gebundenes Personal und mehr Aufwand.

Filder - Mein Freund, der Baum, ist tot.“ 2019 hätte die Sängerin Alexandra in Filderstadt weit mehr als einen Baum zu beweinen gehabt. Ganze 70 sind im vergangenen Jahr gestorben, 15 weitere mussten in diesem Juni gefällt werden. Schuld waren laut Norbert Branz, dem Tiefbauamtsleiter, Wetterextreme. 2019 litten die Bäume unter der Trockenheit, im Juni richtete ein Gewittersturm große Schäden an. Ganz zu schweigen von jenen Exemplaren, die von eingeschleppten Schädlingen befallen werden, die man noch vor Jahren hierzulande gar nicht kannte, etwa Pilze, die das Eschentriebsterben und die Rußrindenkrankheit beim Ahorn auslösen, oder die Kastanienminiermotte. „Ja, es wird auf jeden Fall schwieriger“, sagt Norbert Branz.

 

Vor allem junge Bäume leiden

Die Grünflächenabteilung beim Tiefbauamt hat alle Hände voll zu tun, um die mehr als 31 200 Bäume – darunter um die 6500 an Straßen oder auf Grünflächen – durchs Jahr zu bringen, und viele Probleme haben mit dem Klimawandel zu tun. Laut Norbert Branz werden alle Bäume regelmäßig begutachtet und bewertet. „Die Verkehrssicherheit ist ein wichtiges Thema.“ Ein schadhafter Baum ist eine potenzielle Gefahr. Gegensteuern kann die Stadt aber nur bedingt.

Grundsätzlich wird mehr gegossen. Mitunter täglich. Das bedeutet höhere Kosten, gebundenes Personal und mehr Aufwand. „Wir geben jedes Jahr mehrere Hunderttausend Euro allein für Pflegemaßnahmen durch Fremdbetriebe aus“, sagt Branz. Zudem wird in neue Techniken investiert. So werde die grüne Mittelinsel, die auf die Karlstraße kommen soll, mit einer Bewässerungsanlage ausgestattet. „Solche Dinge muss man sich künftig bei der Planung überlegen“, sagt er.

Auch in Leinfelden-Echterdingen macht sich die Verwaltung Gedanken, wie sie den Stress von den etwa 10 000 Stadtbäume nehmen kann, denn „wir haben die gleichen Probleme“, sagt Torsten Specht vom Grünflächenamt. Matthias Baur, der erst seit Kurzem als Baumkontrolleur bei der Stadt arbeitet, spricht klare Worte: Seine Aufgabe sei es, die Bäume auf der Gemarkung in Augenschein zu nehmen und in fünf Vitalitätsstufen einzuteilen, und „man kann sagen, dass wir keinen einzigen Baum haben, der die Vitalitätsstufe eins erreicht“. Vor allem junge Pflanzen, deren Wurzeln noch nicht so tief in den Boden reichen, leiden demnach unter der zunehmenden Trockenheit. Allein in den vergangenen zwei Wochen hat Matthias Baur drei, vier vertrocknete Exemplare entdeckt.

Stadtgärtner hätten ihre Anstrengungen verdoppelt

„Wir müssen in alle Richtungen denken“, betont Torsten Specht. Neue Baumquartiere würden – wo möglich – so geplant, dass mehr Wurzelraum zur Verfügung stehe, außerdem habe man Hilfsmittel zur Bewässerung angeschafft. Zudem laufen Langzeitversuche mit neuen Baumarten, von denen man sich erhofft, dass sie toleranter gegenüber Trockenheit und Parasiten, aber auch Streusalz oder Hunde-Urin sind. So wurden im Gebiet Schelmenäcker 50 Amberbäume gesetzt. Auch Hopfenbuchen und Eisenholzbäume hat man im Blick. Laut Matthias Baur geht der Trend allgemein weg von der Monokultur. „Man ist gut beraten, wenn man sich möglichst breit aufstellt.“

In Stuttgart setzt man indes auf eine Intensivierung der Baumversorgung, erklärt Volker Schirner, der Leiter des Garten-, Friedhofs- und Forstamts. Dazu gehört ein neuer Gießmaschinen-Fuhrpark. Fünf große, die jeweils fast 10 000 Liter aufnehmen können, und vier kleinere Geräte wurden jüngst zusätzlich in Betrieb genommen, um die etwa 180 000 Bäume effektiver bewässern zu können. Das Personal wurde aufgestockt, und auch Standortverbesserungen stehen an. So wird seit 2014 an der Kirchheimer Straße in Sillenbuch tiefer gegraben und frisches Substrat verfüllt, damit es den Robinien besser geht. Alles in allem hätten die Stadtgärtner ihre Anstrengungen verdoppelt. Volker Schirner weiß aber auch: Vor allem den Straßenbäumen – Stuttgart hat 40 000 davon – geht es nicht gut, und „den Baum, der uns wie ein Kaktus von allen Trockenheitsproblemen erlöst, gibt es nicht“.