Trotz Protest von Anwohnern Hemmingen hält am Neubaugebiet fest

Aus dem drei Hektar großen Acker- und Wiesengelände im Süden Hemmingens wird ein Wohnviertel. Foto: Simon Granville

Die Gemeinde Hemmingen will im Süden rasch Wohnraum für gut 260 Menschen schaffen. Bei Anwohnern lösen die Pläne für den Schöckinger Weg nach wie vor Unmut aus.

Die Gemeinde legt ihre Pläne für das Neubaugebiet Schöckinger Weg im Süden Hemmingens erneut öffentlich aus. Damit startet die Kommune einen zweiten Versuch, die Voraussetzung zu schaffen, damit südlich der Bebauung entlang der Pestalozzistraße, zwischen der Theodor-Heuss-Straße und der Alten Schöckinger Straße Richtung Kaiserstein, so rasch wie möglich Wohnraum für ungefähr 260 Menschen entsteht. Eigentlich sollte das drei Hektar große Acker- und Wiesengelände bereits dieses Jahr erschlossen und nächstes Jahr bebaut werden – mit verschiedenen Arten von Einfamilienhäusern plus Mehrgeschossbau –, denn laut der Gemeindeverwaltung ist die Nachfrage nach neuen Wohnbauflächen „akut“. Um zügig voranzukommen, nutzte sie eine zeitlich begrenzte Regelung im Baugesetzbuch. Dann kam alles anders.

 

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat besagte seit dem Jahr 2017 bestehende befristete Ausnahmeregelung im Baurecht gekippt, wonach eine Kommune ohne Umweltprüfung und Ausgleich für den Naturschutz Wohnraum ausweisen kann, auch wenn das Gebiet nicht im Flächennutzungsplan enthalten ist, es also keinen rechtlichen Rahmen gibt für die Aufstellung eines Bebauungsplans. Bedingung für die Nutzung des umstrittenen Paragrafen 13b war, dass das Gebiet an Bestandssiedlungen anschließt. Laut den Richtern ist der Passus für vereinfachtes Bauen nicht mit EU–Standards beim Umweltschutz zu vereinbaren.

Fachanwalt an die Seite geholt

Hemmingen, wo es um 1,6 Hektar geht, hat mittlerweile reagiert, nachdem es im Baugesetzbuch nun einen weiteren Paragrafen gibt. Demnach muss eine betroffene Kommune eine umweltrechtliche Vorprüfung vornehmen. Das hat Hemmingen getan. Außerdem hat die Gemeinde eine Umweltprüfung gemacht, einen Umweltbericht erstellt und geeignete Ausgleichsmaßnahmen definiert. Alle Unterlagen liegen öffentlich aus beziehungsweise sind online, sobald die Verwaltung die noch fehlenden Dokumente beisammen hat. Das könnte im Juni sein.

Unterdessen lösen die Pläne für den Schöckinger Weg bei Anwohnern nach wie vor Unmut aus. Von Anfang an äußerten sie Kritik. Es werde zu hoch und zu dicht gebaut, es fehle ein Verkehrskonzept, erläuterten einige im vergangenen Jahr im Gespräch mit unserer Zeitung ihre Bedenken – die sie auch der Gemeindeverwaltung und dem Gemeinderat kundtaten. Über einen Fachanwalt hatten sie im Zuge der Auslegung des Bebauungsplanentwurfs im Mai und Juni 2023 juristisch relevante Punkte eingebracht. Ähnlich gehen sie jetzt auch bei der weiteren Auslegung vor. „Wir lassen die Auslegungsunterlagen juristisch prüfen“, sagt ein Anwohner. Dass das nordöstliche Gebäude um eine Etage niedriger, zwölfeinhalb statt 15,5 Meter, wird, um Verschattung zu reduzieren, „ist der einzige Punkt, wo seitens der Verwaltung eine sichtbare Bewegung war“. Aus Sicht der Verwaltung und des Planungsbüros ist eine Reduzierung der Gebäudehöhe aus planerischer Sicht nicht erforderlich. Sie erfolge „zur Konfliktminderung“.

580 Autofahrten täglich würden dazu kommen

Der Verkehr bleibt ein großer Kritikpunkt. „Unseren Bedenken hierzu hat man leider keine Rechnung getragen“, sagt der Anwohner. 580 Autofahrten täglich mehr würden es künftig werden, dabei sei der Süden, insgesamt der Flecken „ohnehin schon voll“. Sorgen, die die CDU-Fraktion teilt. Die Anwohner, die eine Straßenentwicklung für den gesamten, weil verkehrsreichen Ort vermissen, fragen sich zum Beispiel, warum in das Gebiet drei Straßen führen müssen.

Der Bürgermeister Thomas Schäfer (CDU) weist darauf hin, dass das Verkehrsgutachten inzwischen vorliege. Es komme unter anderem zu dem Ergebnis, dass die angrenzenden Straßen zwar eine deutliche prozentuale Steigerung der Verkehrsmengen erfahren würden, die Gesamtbelastung allerdings immer noch deutlich unter der Belastungsgrenze sei. Zudem sei eine Verteilung und keine Konzentration des Verkehrs geplant. Die Verwaltung sagt, sie sehe deshalb keine Notwendigkeit, am bestehenden Konzept etwas zu ändern. Die vom Rathauschef Schäfer angekündigte Anbindung in Richtung Freiherr-von-Varnbüler-Straße beruhigt die Anwohner nicht, zumal sie auf lange Sicht geplant ist. Ob die Anbindung überhaupt kommt, fragen sich die Anwohner vielmehr und verweisen darauf, dass ein anderer, geänderter Flächennutzungsplan nötig wäre: Das Land genehmige die Straße nur als Ortsstraße. „Dafür ist sie zurzeit aber zu weit weg von der Bestandsbebauung.“

Zweifel an geplanter Anbindung

Die Gemeinde muss den Bebauungsplan nun bis Ende Dezember festgezurrt haben. Erst wenn er in trockenen Tüchern ist, geht sie in die Vermarktung. Der Bürgermeister rechnet damit, dass die Erschließung im kommenden Jahr beginnt. Der Schöckinger Weg ist das vorletzte mögliche Baugebiet in Hemmingen. Die Varnbülersche Fläche Herzengrund im Norden mit einer Größe von 5,5 Hektar westlich der bereits bebauten Hälde steht weiterhin nicht zum Verkauf.

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