Volkswagen hat die Krise bewältigt, abgeschlossen ist die Skandalgeschichte aber noch lange nicht, mutmaßt Harry Pretzlaff.

Stuttgart - Gut zwei Jahre nach dem Bekanntwerden des Abgasskandals kann VW wieder eine glänzende Bilanz vorlegen. Im vergangenen Jahr hat der Wolfsburger Konzern einen Rekordabsatz eingefahren und unter dem Strich auch einen höheren Gewinn als 2014 erreicht. Es war das letzte volle Jahr, bevor die betrügerische Manipulation der Abgasreinigung von Dieselautos den Autoriesen in die schlimmste Krise der Unternehmensgeschichte stürzte. 2015 musste ein Rekordverlust verbucht werden. Der Wiederaufstieg zu neuen Spitzenwerten ist dem Autokonzern in einem überraschend schnellen Tempo gelungen. Der Konzern hat das Glück gehabt, dass die Kunden trotz einer Flut negativer Schlagzeilen und massenhafter Rückrufe nicht in Scharen davongelaufen sind. Das Image hat zwar deutlich gelitten, die Käufer haben aber offenbar das Vertrauen nicht verloren. Zudem beginnen sich die unter VW-Konzernchef Matthias Müller eingeleitete umfassende Kurskorrektur und die Kostensenkungen bei der Kernmarke VW auszuzahlen.

 

Weiter hohe Belastungen

Auch im vergangenen Jahr haben die Wolfsburger nochmals hohe Belastungen durch den Abgasskandal bewältigen müssen, und weitere böse Überraschungen sind nicht ausgeschlossen. Sie dürften jedoch für das Unternehmen keine gefährliche finanzielle Dimension erreichen. In Europa gibt es weiterhin eine ganze Klagewelle von Kunden, die Schadenersatz wollen. Doch deren Chancen sind deutlich schlechter als die der US-Kunden, die mit riskanten Sammelklagen drohten, weil die Rechtssysteme sehr unterschiedlich sind.

Auch die VW-Aktionäre, die dem Konzern vorwerfen, dass er die Öffentlichkeit zu spät über das Dieseldesaster informiert hat und vor Gericht gezogen sind, können nicht auf einen raschen Erfolg hoffen. Sie müssen sich mit viel Geduld auf eine schwierige Auseinandersetzung mit ungewissem Ausgang einstellen. Abgeschlossen ist das schwärzeste Kapitel der Unternehmensgeschichte von VW noch lange nicht.