Am Samstag ist die Stuttgarter Innenstadt gut gefüllt – Anziehungspunkt ist auch die Rollschuhbahn am Schlossplatz.

Gut möglich, dass die Adventstimmung in diesem Jahr auf ihrem Höhepunkt angekommen ist, als am Samstagnachmittag sogar ein wenig Schnee aus dem bleigrauen Himmel fällt: An der großen Weihnachtspyramide auf dem Schlossplatz dampft in unzähligen Tassen der Glühwein, zwischen den Ständen ist die Luft wie getränkt von Mandel- und Lebkuchenduft, und von der gut gefüllten Rollschuhbahn schallt ein Weihnachtsklassiker nach dem anderen aus den Lautsprechern.

 

„Hier ist die Stimmung besser als in München“

Last Christmas, so viel ist klar, sah es hier ganz anders aus. In diesem Jahr kommen sogar Münchner nach Stuttgart, um den Weihnachtsmarkt und das vorweihnachtliche Treiben in der Innenstadt mitzuerleben. Zumindest einer: Christian Schneiderbauer steht vor dem Kunstmuseum und staunt nicht schlecht, beim Blick über die Buden und auf die fast 30 Meter hohe Weihnachtspyramide: „Hier ist die Stimmung besser als in München“, sagt einer, der es wissen muss. Heute Abend soll es noch ins Musical gehen, davor auf den Weihnachtsmarkt und in die Geschäfte, um Geschenke zu kaufen. Corona, meint der 54-Jährige, störe in diesem Jahr niemanden mehr.

Einiges los auf der Rollschuhbahn

Nebenan, auf der Rollschuhbahn, die ursprünglich eine Eisbahn sein sollte, ziehen Benita Marker und ihre Tochter Fiona auf vier Rädern ihre Runden. Zu Besuch aus Koblenz sind sie in Stuttgart, und die Idee mit den Rollen statt Kufen unter den Schuhen finden die beiden angesichts der Energiekrise ziemlich gut: „Das ist mega“, sagt die 50-Jährige. „Eine Eisbahn wäre ja jetzt die Katastrophe.“ Für Mutter und Tochter Marker ist es eine „perfekte Alternative“, wie sie betonen. „Auf eine Eislaufbahn wären wir nicht gegangen.“

Zumindest nicht schlechter als eine Eisfläche finden Mia Simunovic und ihre Freundin Jana Stolz die Rollschuhbahn: „Es ist einfach anders“, sagt die 30-jährige Simunovic. „Und nicht zu vergleichen.“ Wer derzeit trotzdem Eislaufen will, könne ja immer noch auf die Waldau, argumentiert die Stuttgarterin.

Wenige mit schweren Tüten unterwegs

Henny Stamer und Stefan Kinzler dürften das Lob mit Genugtuung hören. Die Betreiber der Rollschuhbahn auf dem Schlossplatz ziehen eine positive Zwischenbilanz: „Es war angesichts der Energiekrise die richtige Entscheidung“, sagt Stamer. Die beiden Schausteller sind sichtbar stolz auf ihre Idee: „Wir waren damals die ersten, die eine Eisbahn hatten. Jetzt kommen andere Betreiber nach Stuttgart, um sich bei uns die Rollschuhbahn anzuschauen.“

Rein optisch macht die City am dritten Adventssamstag einen proppenvollen Eindruck. Doch auffällig ist: Mit schweren Tüten voller Geschenke sind die wenigsten unterwegs. Viele scheinen nur zum Schlemmen, Schauen und wegen des Ambiente zu kommen. Martin Benzing vom Einrichtungshaus Merz und Benzing in der Markthalle, ist schon froh, dass mit dem Weihnachtsmarkt auf dem Markt- und Schillerplatz die Samstagsdemos der vergangenen Wochen ein Ende haben: „Der Weihnachtsmarkt“, sagt Einzelhändler „schützt uns vor weiterem Ungemach.“

„Davon sind wir weit entfernt“

Die Adventssamstage, an denen Einlasser an der Tür zum Geschäft dafür sorgen mussten, dass das Gedränge im Laden nicht zu groß wird, gehören freilich auch bei Benzing der Vergangenheit an. Die Zurückhaltung der Kunden sei nach wie vor spürbar, sagt er. „Und es fehlen immer noch die Touristen“, so der Kaufmann. Früher seien 300 Busse am Tag aus der Schweiz angereist. „Davon sind wir weit entfernt.“ Seine Erklärung: Selbst auf die sonst so gut gefüllten Portemonnaies der Eidgenossen drückt inzwischen die Inflation.

Die alten Zeiten fallen für die Händler also noch nicht vom Himmel. Anders als Eberhard Ginger, Klaus Renz und Dominik Flügel: Zwischen den winzigen Schneeflocken, die am Samstag aus dem Grau über Stuttgart niedergehen, schweben gegen 14.30 Uhr zur Überraschung vieler Passanten auch drei Fallschirmspringer in weiten Bögen dem Schlossplatz entgegen. Das Trio, erfährt man nach gekonnter Landung, soll im Anschluss an den spektakulären Sprung am Stand von Weihnachtsmann und Co. die Werbetrommel rühren.