True Crime aus Weil der Stadt Blutige Ernte: Ein grausamer Doppelmord erschütterte 1912 das kleine Merklingen

Im Jahr 1912 geschah im Weil der Städter Ortsteil Merklingen ein tragischer Doppelmord. Foto: Geronimo Schmidt

Ein Feld, eine Pfändung und ein Mord: In Merklingen bei Weil der Stadt eskaliert 1912 ein Streit zwischen Bauern auf grausame Weise. Ein Blick in eine düstere Vergangenheit.

Wer in den Archiven der Region stöbert, der findet historische Dokumente, alte Flugblätter, Zeitungsausschnitte – und manchmal auch die Spuren blutiger Tragödien. Im Weil der Städter Wochenblatt wird beispielsweise in der Ausgabe vom 3. Juli 1912 gleich auf der Titelseite die Geschichte eines tragischen Mordfalls erzählt, der das beschauliche Merklingen im Sommer eben jenes Jahres aufgerüttelt hat.

 

„Überall, wohin man kommt, wird über das schreckliche Vorkommnis gesprochen“, heißt es dort gleich zu Beginn. Mit dem ausführlichen Artikel im Wochenblatt solle nun „Klarheit in die Affäre“ gebracht werden. Alles begann so: In jenem Sommer wurden die Futtererträge der Felder eines gewissen Bauern namens Wilhelm Kurz gepfändet.

True Crime in Merklingen: Der Täter kam aus zerrütteten Verhältnissen

Als nicht gerade angenehmer Zeitgenosse wird Kurz im Wochenblatt dargestellt – er habe in „zerrütteten Verhältnissen“ gelebt und auch gerne mal zu tief ins Glas geschaut. Diese Lebensweise hat ihn scheinbar in finanzielle Schwierigkeiten gebracht. Die Futtererträge ersteigerte schließlich ein Traubenwirt, Georg Kleinfelder.

Wenige Tage später, am 22. Juni 1912, wollte Kleinfelder die Felder mähen. Schon an diesem Tag rückte Wilhelm Kurz an und bedrohte den Sohn des Traubenwirts mit einer Waffe. Die Polizei wurde gerufen, das Haus von Wilhelm Kurz durchsucht – dabei wurde nur ein unbrauchbares Gewehr gefunden. Tatsächlich gehörte Kurz aber eine funktionstüchtige Waffe, das hatten seine Angehörigen allerdings verschwiegen.

Grausamer Doppelmord: Vater und Sohn kamen ums Leben

Eine knappe Woche später sollte diese Waffe schließlich auch zum tödlichen Einsatz kommen. Am 28. Juni war Kleinfelder mit Kindern und Bediensteten auf dem Feld zugange, als sich Kurz anschlich und die Familie mit dem Gewehr bedrohte, als diese gerade die Pferde anspannen wollten. „Über diesen Weg fahrt ihr mir nicht“, soll er dabei gerufen habe.

Die ersten Schüsse trafen gleich zwei Familienmitglieder: Einen der Söhne am Kopf, der deshalb zu Boden stürzte, und den Vater Georg in die Brust, diese Kugeln blieben „im Fleische stecken“. Der Vater eilte zu seinem verletzten Sohn, da hallte schon der nächste Schuss über das Feld – und traf Georg Kleinfelder an der Halsschlagader. Als sich der Sohn am Boden noch regte, schoss Kurz ihn abermals in die Brust. Vater und Sohn starben an der Unglücksstelle.

Ein Schuss verfehlt einen Sohn – und trifft den Hund der Familie

Die Bediensteten und eine Tochter liefen kreischend davon. Die andere Tochter versteckte sich. Der zweite Sohn wurde auf der Flucht noch von einer Kugel gestreift, aber nicht getroffen – stattdessen erwischte der Schuss den Hund der Familie. Als von überall her Leute zum Tatort strömten, verschanzte sich Kurz in seiner Wohnung und schoss sich, auf dem Bett liegend, selbst ins Herz.

Die Aufregung in Merklingen war an jenem Abend so groß, so spekuliert es der Bericht im Wochenblatt, dass dem Mörder, hätte er sich nicht selbst das Leben genommen, „sicher noch weitere Unheil passiert“ wäre. Die Bevölkerung sei „in höchster Erregung“ gewesen. Ausführlich wird im Wochenblatt die Beerdigung der zwei Mordopfer beschrieben, bei der die Hinterbliebenen bitterlich geweint hätten.

Der Doppelmord erschüttert Merklingen – und macht nachdenklich

Nachdenklich gemacht hat die Merklinger Tragödie, so scheint es, auch den Schreiber des Berichts: „So mancher, der bisher die Welt nur von der leichten Seite betrachtet hatte, hielt Einkehr“, heißt es darin. „Und hat durch diesen schweren Schicksalsschlag einsehen gelernt, wie schnell man von der Welt weg kommen kann und auf welch sonderbare Weise.“

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