Die Verteidigungsminister der Nato-Mitgliedstaaten treffen sich – und dabei gibt es insgeheim nur ein Thema.

Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Brüssel - Das Thema, das alle im Bündnis umtreibt, steht offiziell gar nicht auf der Tagesordnung, wenn die Verteidigungsminister der Nato-Mitgliedstaaten am Mittwoch und Donnerstag zu ihrer regulären Frühjahrsbegegnung im Videoformat zusammenkommen: der angekündigte und von den Trump-Leuten gegenüber der deutschen Regierung zuvor nicht avisierte Abzug von zehntausend US-Soldaten aus Deutschland.

 

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte am Vortrag des Treffens immerhin, dass es zwar keine eigene Arbeitssitzung dazu geben werde, dass aber über das Thema gesprochen werde. Ob allerdings US-Verteidigungsminister Marc Esper viel zur Klärung der offenen Fragen beitragen kann, ist derzeit fraglich.

US-Botschafterin bei der Nato machte deutlich, dass es noch keine konkreten Pläne gebe

Offenbar ist die Entscheidung Donald Trumps im ganz engen Kreis gefallen. Sowohl im Außenministerium wie auch im Verteidigungsministerium wurde man durch die Ansage überrascht, die Militärpräsenz von 35 000 auf 25 000 Soldaten in Deutschland zu reduzieren.

Die US-Botschafterin bei der Nato, Kay Bailey Hutchison, machte denn auch deutlich, dass es noch keine konkreten Pläne für einen Truppenabzug gebe. „Es wird einige Zeit dauern, zum jetzigen Zeitpunkt ist noch nichts konkret beschlossen“, sagte die Diplomatin jetzt gegenüber Journalisten in Brüssel. Wie Hutchison erklärte, hat das Pentagon den Auftrag von Trump bekommen, eine Analyse zur Truppenstationierung in Europa vorzunehmen. „Es geht dabei darum, wo die Truppen derzeit stehen und wo sie in Zukunft stehen sollten.“ Hutchison sagte, dass das US-Militär Deutschland als Partner sehr schätzt: „Wir arbeiten gut mit Deutschland zusammen, unsere Soldaten sind dort ausgesprochen gern stationiert.“

Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Abzugspläne

Sie hob zudem die hohe Bedeutung des deutschen militärischen Beitrags zur Nato hervor: „Deutschland beteiligt sich an allen Nato-Missionen, Deutschland ist ein Schlüsselpartner im Irak, in Afghanistan und im Baltikum.“ Hutchinson betonte zudem, dass die Bundesregierung die Verteidigungsausgaben massiv gesteigert habe und außerdem in Zukunft weiter steigern wolle. „Das Grundverständnis in der US-Regierung ist, dass die Deutschen schon eine Menge tun, aber in Zukunft noch mehr tun müssen.“

In der Bundesregierung wird mit Erleichterung zur Kenntnis genommen, dass europäische Alliierte im internen Gespräch aus militärischen Gründen Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Abzugspläne äußern. So hat etwa die polnische Regierung, die sich selbst ja aktiv um eine höhere Zahl von US-Soldaten bemüht, die Verringerung der US-Soldaten in Deutschland als keine gute Idee bezeichnet. In Nato-Kreisen wird darauf verwiesen, dass eine etwaige Reduzierung der US-Truppen in Deutschland sehr wohl im Bündnis zu besprechen wäre: So ein Schritt hätte Folgen für die Fähigkeit der Nato, gegenüber Russland auf Abschreckung zu setzen.

Es wird bezweifelt, ob es logistisch überhaupt möglich wäre

In Nato-Kreisen hofft man, dass der sprunghafte US-Präsident seine kruden Pläne entweder wieder vergisst, hintanstellt wie etwa die Zölle auf Daimler und andere Firmen oder dass er abgewählt wird, bevor die Entscheidung vollzogen werden kann.

Es wird nämlich bezweifelt, ob es logistisch überhaupt möglich wäre, 10 000 US-Soldaten sowie ihre Familien innerhalb von weniger als einem halben Jahr aus Deutschland abzuziehen und ihnen einen sinnvollen neuen Stationierungsort in Europa zuzuweisen.