Sie sei in der Ukraine-Krise untätig gewesen, werfen ihre Kritiker ihr vor. Bei ihrem Truppenbesuch hält Christine Lambrecht nun dagegen.

Munster - Scharfschützen im Tarnanzug aus Stroh, Leopard-Panzer im Angriffsmodus – im niedersächsischen Munster haben sie an diesem Montag alles aufgeboten, um die neue Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt bei ihrem Antrittsbesuch zu beeindrucken. Das gelingt auch. „Seien Sie stolz auf sich und Ihre Leistung“, ruft die Bundesministerin der Verteidigung später einigen Soldatinnen und Soldaten am größten Heeresstützpunkt der Bundeswehr zu.

 

Olaf Scholz ist in Washington, Annalena Baerbock in Kiew – und Christine Lambrecht in der Lüneburger Heide. Das passt erst einmal ins Bild der neuen Ministerin. Der Vorwurf mangelnder Sichtbarkeit deutscher Außenpolitik richtete sich in den vergangenen Tagen vorrangig an den Bundeskanzler, den dieser mit seinem Empfang im Weißen Haus die Grundlage zu entziehen sucht. In seinem Schatten ist aber auch die 56-jährige Juristin ins Visier der Opposition geraten.

Machtvolles Signal der Stärke

„Wo ist Lambrecht?“, fragt Florian Hahn, der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag. Die größte Oppositionspartei bemängelt, dass sich die Verteidigungsministerin in der zugespitzten Lage in Osteuropa zu wenig engagiere. „Als die Ukraine-Krise im Plenum des Bundestages debattiert wurde, war die Ministerin noch nicht einmal anwesend“, schimpft der CSU-Politiker.

Vor der Kulisse mehrerer neuer Panzer, die an diesem Tag offiziell an die Truppe übergeben werden und ein durchaus machtvolles Signal der Stärke aussenden, versucht Christine Lambrecht ihren Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Die Verteidigungsministerin im Verteidigungsmodus verkündet im eiskalten Schneeregen, dass soeben der Bundestag über eine beabsichtigte Verstärkung der Truppenpräsenz im Baltikum informiert worden sei. In Absprache mit dem litauischen Amtskollegen sollen 350 Männer und Frauen „in Marsch“ gesetzt werden – auch vom Standort Munster aus.

„Ich weiß, es gibt viele Baustellen“

Lambrecht wirbt an diesem Montag bei ihrer neuen Truppe um Ansehen und Vertrauen. Das Beschaffungswesen, womöglich die Achillesferse der bundesdeutschen Armee, will sie von Grund auf modernisieren. Sie fühle sich „verpflichtet“, den Soldatinnen und Soldaten die für ihre Einsätze notwendige Ausrüstung zur Verfügung zu stellen. Wichtige Investitionen stehen an, zugleich schwierige Haushaltsberatungen. „Ich weiß, es gibt viele Baustellen“, sagt sie ihren Zuhörern in Munster, um dann auch gleich schon einmal vorzuwarnen, dass „nicht alles von heute auf morgen möglich“ sein werde.

Ihr wichtigstes Thema, das sie schon bei der Nominierung durch Olaf Scholz in den Mittelpunkt gestellt hat, darf auch am Tag des militärischen Schaulaufens in der Lüneburger Heide nicht fehlen. Die Werte, für die die Bundeswehr im Notfall kämpfe, müssten auch in der Truppe selbst gelebt werden, fordert Christine Lambrecht von den Soldatinnen und Soldaten. „Wir werden Dienst- und Arbeitsrecht anpassen“, heißt es im Koalitionsvertrag, der für die Ministerin die Arbeitsgrundlage ist, „um Extremistinnen und Extremisten umgehend aus dem Dienst entlassen zu können.“

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