Der ehemalige Regierungschef setzt sich bei der Stichwahl gegen Außenminister Schwarzenberg durch.

Prag - Linksruck in Tschechien: der frühere Ministerpräsident Milos Zeman (68) hat die erste Direktwahl des Präsidenten gewonnen. Bei der Stichwahl am Freitag und Samstag stimmten nach Auszählung aller Wahlzettel 54,8 Prozent der Wähler für den früheren Regierungschef, wie das tschechische Statistikamt am Sonntag mitteilte. Auf seinen konservativen Konkurrenten Karel Fürst zu Schwarzenberg entfielen 45,2 Prozent.

 

Das Blatt in den lange als völlig offen geltenden Rennen um das höchste Staatsamt hatte sich gewendet, nachdem der abtretende Präsident Václav Klaus vor Wochenfrist behauptete, ein einstiger Exiltscheche könne nicht Präsident des Landes werden. Dem adeligen, tschechisch-schweizerischen Doppelbürger Schwarzenberg wurde unversehens auch sein altertümliches Tschechisch, sein Akzent und seine österreichische Ehefrau vorgeworfen. Der Herausforderer Zeman behauptete gar wider besseres Wissen, das Fürstenhaus Schwarzenberg habe im Zweiten Weltkrieg die Nationalsozialisten unterstützt. Zum Verhängnis wurde dem vor allem bei den jüngeren städtischen Schichten beliebten Schwarzenberg auch seine Kritik an den Benes-Dekreten, die zur Vertreibung der Sudetendeutschen und Aneignung derer Immobilien führte. Der 68-jährige Milos Zeman löst den Euroskeptiker Václav Klaus am 7. März im Amt ab.

Milos Zeman gehört zu den schillernderen Figuren der Prager Politikszene. Zwischen 1998 und 2002 war der Kettenraucher mit einer Schwäche für alkoholische Getränke Chef einer linksliberalen Minderheitsregierung. Später zerstritt er sich mit seiner sozialdemokratischen Partei CSSD und gründete 2009 die Bürgerrechtspartei SPOZ. In seiner Zeit als Ministerpräsident hatte Zeman mit zahlreichen umstrittenen Äußerungen international Schlagzeilen gemacht. So verglich er einmal den verstorbenen palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat einmal mit Adolf Hitler und handelte sich damit scharfe Kritik der Europäischen Union und der Arabischen Liga ein.

Fast 25 Jahre nach dem Ende des Kommunismus gilt Milos Zeman nun vielen als Hoffnungsträger der Wendeverlierer in den ländlichen Regionen. Er selbst versprach, er wolle der Präsident der unteren zehn Millionen sein. Milos Zeman studierte Ökonomie und hegt für Tschechien „die Vision eines Sozialstaats nach skandinavischem Vorbild“. Zugleich kündigte er an, sich „durch regelmäßige Auftritte in Kabinett und Parlament“ aktiv in die Regierungspolitik einmischen zu wollen. Gemäß der tschechischen Verfassung verfügt der Präsident allenfalls über eine beschränkte Macht, die Regierungsgeschäfte führen der Ministerpräsident und sein Kabinett. Allerdings kann der Präsident nach Neuwahlen den Regierungschef, Direktoriumsmitglieder der Zentralbank und mit Zustimmung des Oberhauses auch Verfassungsrichter ernennen. – Kommentar: Zeitbombe