Neben dem zerstörten Atomkraftwerk entsteht derzeit das größte mobile Bauwerk der Welt. Die Stahlkonstruktion soll die Reaktor-Ruine für 100 Jahre abdichten.

Stuttgart - Schon die Anfänge sind beeindruckend: an einer nicht ganz so verstrahlten Stelle entsteht derzeit auf dem Kraftwerksgelände in der Nähe der ukrainischen Stadt Tschernobyl ein riesiges Stahlgerüst. Es soll, so die derzeitige Planung, in zwei Jahren fertig sein und dann 600 Meter weit auf Schienen über den zunehmend maroden Sarkophag geschoben werden. Dieser Betonkoloss schließt Block vier ein, der am 26. April 1986 in die Luft flog. Die bei zwei Explosionen und vor allem beim anschließenden tagelange Brand freigesetzten großen Mengen an radioaktivem Material wurden mit östlichen Windströmungen in weite Teile Europas verfrachtet. Bis heute sind große Regionen in der näheren und weiteren Umgebung des Kraftwerks wegen der nach wie vor hohen Strahlung als Sperrzonen ausgewiesen.

 

Der Sarkophag, der unter schwierigsten Bedingungen in den sieben Monaten nach dem Super-GAU errichtet wurde, ist in die Jahre gekommen – er war auch nur für eine Lebensdauer von 20 bis 30 Jahren konzipiert. Die Mauern neigen sich nach außen, überall zeigt sich Rost und durch immer wieder neue Löcher gelangt Regen ins Innere und Strahlung nach außen. Im vergangenen Februar war die Schneelast so groß, dass ein etwa 600 Quadratmeter großes Dachstück der Turbinenhalle von Block vier einbrach. Es war ebenfalls nach dem Unglück errichtet worden, lag aber etwa 50 Meter neben dem eigentlichen Sarkophag. Gefahr habe nie bestanden, versicherten die zuständigen Behörden damals. Gleichwohl zeigt der Vorfall, wie brenzlig die Situation dort nach wie vor ist.

So wurde bereits im Dezember 1995 ein Programm verabschiedet, bei dem die damaligen G-7-Staaten und die EU der Ukraine Hilfe beim sicheren Einschluss des havarierten Blocks vier zusagten. Nach jahrelangen Diskussionen und einer großen Geberkonferenz vor zwei Jahren sei die Finanzierung des rund eine Milliarde Euro teuren zweiten Sarkophags gesichert, heißt es. Allerdings erfordern die weiteren Aufräumungskosten etwa für die Entsorgung der Brennelemente zusätzliche Kosten – die Rede ist von 1,75 Milliarden Euro. Bisher unterstützen mehr als 40 Länder diesen Rettungsplan, wobei offenbar 1,54 Milliarden Euro eingesammelt wurden.