Während der Manager Alexander Rosen und die Spieler irritiert sind, geht der Trainer Huub Stevens in Hoffenheim unbeirrt seinen Weg. Dabei hat er mit der TSG noch nicht gewonnen.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Sinsheim - Bei differenzierter Betrachtung ist der Coach, der allzu gerne stereotyp als „Knurrer von Kerkrade“ bezeichnet wird, ja ein Mann mit vielen Facetten. Am Donnerstag etwa wies Huub Stevens darauf hin, dass eigentlich er der erste „Laptoptrainer der Bundesliga“ sei. Dabei bezog Mehmet Scholl seine Wortkreation ursprünglich auf die neue Trainergeneration. „Ich hatte mir ganz früh eine Fußball-Datenbank angelegt“, erwiderte der 62-Jährige, dessen alter Laptop tatsächlich im Museum auf Schalke zu bewundern ist.

 

Stevens grätscht einen Reporter verbal um

Häufiger als seine wissenschaftliche zeigt der Niederländer aber seine beinharte Seite. Das bekamen bei der TSG Hoffenheim zunächst einige auserwählte Profis zu spüren, die der im Umgang mit den Spielern sonst meist freundliche Trainer auf dem Platz bös’ zusammenfaltete. Nach dem bitteren 3:3 gegen Gladbach, als vergangenen Samstag eine 3:1-Führung fahrlässig verspielt wurde, hat der Rabauke Stevens dann den Sportchef einer Regionalzeitung verbal umgegrätscht. „Sie sind es nicht wert!“, blaffte Stevens, obwohl der Journalist nur eine Allerweltsfrage gestellt hatte. Denn der Sohn eines Grubenarbeiters, der seinen Job in Hoffenheim mit einem Tag Verzögerung antrat, weil er seinen Enkeln einen Ausflug in einen Vergnügungspark versprochen hatte, macht im Trainingsanzug gerne auf Rambo. Das ist schon lange seine Masche; vor allem in Zeiten, in denen es sportlich wie momentan nicht gut läuft. Dann will der Trainer von den Problemen in und um seine Mannschaft ablenken, indem er die mediale Aufmerksamkeit auf sich zieht. Das ist ihm diesmal gelungen.

Nur drei von zwölf Punkten hat Huub Stevens, der Retter, mit der TSG geholt. Vor dem Gastspiel an diesem Samstag in Ingolstadt wartet der Nachfolger des geschassten Markus Gisdol weiter auf den ersten Sieg mit den Kraichgauern. Kaum vorstellbar ist allerdings, dass dem ersten Feuerwehrmann der Liga, der den VfB in den Vorjahren vor dem Abstieg bewahrte, im Kraichgau so früh das Wasser ausgeht.

Auf der Geschäftsstelle des Tabellenletzten in Zuzenhausen sind die meisten Mitarbeiter jedenfalls heilfroh, dass sie ihren kauzigen Cheftrainer haben. Denn dort ist Huub Stevens alles andere als ein harter Knochen. Anders als der Vorgänger Gisdol, der Untergebene schon mal im Vorbeigehen abgekanzelt haben soll, stünden bei Stevens, der eine durchaus charmante Seite besitzt, die Türen immer offen. Das tut vielen gut, herrscht doch bei der TSG Hoffenheim ein Klima der Unsicherheit, dass nicht nur mit Platz 18 zu tun hat.

Der Name Horst heldt geistert durch den Club

Denn mit Ausnahme des Trainers, der unbeirrbar sein Rettungsprogramm durchzieht, weil er weiß, dass er spätestens zum Saisonende wieder weg ist, wissen viele im Fußballreich des Dietmar Hopp nicht, aus welcher Richtung der Wind weht, wer an welchem Strang zieht. Das zeigt sich vor der Jahreshauptversammlung am Montag dann an weiteren Personalien auf höchster Ebene, wo etwa der Geschäftsführer Peter Rettig im Oktober nach nur zwei Jahren im Verein seinen Schreibtisch wieder räumte. Offiziell, weil er eine strukturelle Umgliederung in der Führungsebene der Blau-Weißen nicht mittragen wollte. Beunruhigt ist längst auch der Manager Alexander Rosen, ein Intimus von Gisdol, über dessen Posten seit einiger Zeit der Name Horst Heldt schwebt. Denn der Schalker Sportvorstand hört spätestens zum Saisonende auf – um bei der TSG anzuheuern? Bisher dementiert man.

Als er gegen Gladbach die Stürmer Kevin Kuranyi, Mark Uth (Tribüne) und Eduardo Vargas (Bank) unberücksichtigt ließ, deutete Stevens jedenfalls an, wie er die Transferpolitik des Managers („Wir halten im Winter die Augen offen“) findet.

In Ingolstadt muss ein Sieg her

Tatsächlich ist die holperige Zusammenstellung des Kaders unübersehbar, in dem sich neben fünf möglichen Zentrumsstürmern (Volland, Szalai, Kuranyi, Uth, Vargas) kein erstklassiger Außenverteidiger befindet. Immerhin zeigt der starke Auftritt von Nadiem Amiri, einem 19-jährigen Deutsch-Afghanen, dass der Gedanke vom Hoffenheimer Jugendstil weiter lebt.

Doch auch Stevens ist klar, dass nach sieben sieglosen Spielen nun schnellstmöglich ein Dreier her muss. Am besten in Ingolstadt, das zuletzt mit 0:4 in Hannover unter die Räder kam. Also gibt der Knurrer auch mal den Sanften – und lobt sein Team: „Meine Spieler besitzen große Qualität.“


Huub Stevens hat mit Hoffenheim noch nicht gewonnen. Foto:Bongarts