Der geplante Umzug des Versicherers Allianz an die Heßbrühlstraße lässt den dort ansässigen Verein unschlüssig zurück.

Vaihingen - Seit 34 Jahren ist Klaus Müller nun schon der Vorsitzende des TSV Georgii Allianz. Der Club selbst blickt sogar auf eine Geschichte zurück, die 1899 begann, damals noch als reiner Turnerbund. Doch ob es den Verein auch noch in fünf Jahren geben wird, das weiß Müller nicht. „Das ist die Gretchenfrage“, sagt er. Denn der Versicherungskonzern, dessen Namen der Verein trägt, will an der Heßbrühlstraße seine neue Stuttgarter Zentrale bauen und 4000 Mitarbeiter in das Vaihinger Gewerbegebiet verlagern. Was dann mit den etwas mehr als 1000 Vereinsmitgliedern geschieht, wo sie künftig sporteln und ob überhaupt, das muss sich erst noch zeigen.

 

Das überrascht kaum. Als Ende Februar 2016, also vor fünf Wochen, die Pläne der Allianz bekannt wurden, hatten sich die Verantwortlichen des Konzerns zuvorderst Gedanken über das Wirtschaftliche gemacht. Die restlichen Fragen sollten später geklärt werden. Für das Unternehmen stand fest, dass es die beiden Standorte in der Innenstadt aufgeben und ein neues, modernes Domizil beziehen wollte. Mehrere Standorte wurden geprüft. Übrig blieb das Areal an der Heßbrühlstraße, das der Allianz bereits gehört. Nur dort, so eine Expertise des Versicherers, gebe es ausreichend Platz sowie eine gute Verkehrsanbindung – auch mit Bus und Bahn. 2020 soll der neue Bürokomplex fertig sein. Dann laufen in der Innenstadt die Mietverträge aus.

Das ist – erst einmal – die Grundsatzentscheidung. Und die Stadt trägt sie mit, um einen so großen Arbeitgeber in Stuttgart zu halten. Was fehlt, ist nicht nur ein Bebauungsplan, der das erlauben würde, sondern auch ein Zukunftskonzept für den Verein. „Wir sind noch in einem sehr frühen Stadium“, sagt Müller. Fragen der Vereinsmitglieder, die ihn erreichen, könne er nicht beantworten. „Dass das an den Stammtischen ein heißes Thema ist, ist doch klar“, sagt er. „Aber ich kann auch keine Aussagen machen.“

So oder so ähnlich hört sich das auch von anderer Stelle an. „Die Stadt schaut, wie sie dem Verein Unterstützung anbieten kann“, sagte etwa der Rathaussprecher Sven Matis vor noch nicht allzu langer Zeit. „In allererster Linie ist aber die Allianz gefragt.“ Auch von dort gibt es kein fertiges Rezept. „Wir sind noch sehr früh im Prozess“, sagte ebenfalls vor Kurzem Anna Sleegers, die Sprecherin des Versicherungskonzerns.

Immerhin scheint Allianz kein Interesse daran zu haben, den Verein zu zerstören. Ganz im Gegenteil soll der Sport auch künftig einen Platz an der Heßbrühlstraße haben, wenn auch nicht auf einem klassischen Sportplatz. Im Gespräch ist zum Beispiel eine neue, dreigliedrige Sporthalle als Ersatz für die Turnhalle aus dem Jahr 1977, die von den Mitarbeitern im Rahmen des Betriebssports ebenso genutzt werden könnte wie zum Beispiel von TSV-Mitgliedern. Ohnehin sind die Überschneidungen groß, denn von den laut Allianz insgesamt 1085 Vereinsmitgliedern sind 70 auch Allianz-Mitarbeiter. Die Familien hinzugerechnet, sind es sogar 204. Und in einer Präsentation, die die Allianz jüngst im Gemeinderat gezeigt hat, ist die Rede von einer „langfristigen Sicherung des zukünftigen Fortbestehens des Sportvereins“.

Schon ein Blick auf die Landkarte zeigt, dass dafür mehr nötig ist als eine von dem Unternehmen bezahlte Halle. An einer Kooperation mit Nachbarvereinen dürfte kein Weg vorbeiführen. Zumindest der SV Vaihingen hat bereits Gesprächsbereitschaft signalisiert. Hüben wie drüben wird zum Beispiel Fußball gespielt. Und nicht nur bei der Allianz wird dem Tennissport gefrönt, sondern auch gleich nebenan im Naturheil- und Luftbadverein sowie beim TC Blau-Weiß. Die übrigen Abteilungen darben indes ein wenig bei Georgii Allianz, die Leichtathletik etwa oder das Kegeln.

Was man vom Tischtennis und Volleyball aber nicht behaupten kann. „Da sind wir sehr, sehr stark“, sagt Müller. Vor allem die Volleyballer sind in der näheren Umgebung konkurrenzlos. Die erste Herrenmannschaft spielt in der zweiten Bundesliga, die Damen in der Regionalliga. Die insgesamt zehn Mannschaften können noch nicht einmal alle an ihrer Heimstätte trainieren und müssen regelmäßig in die Hallen des Hegel-Gymnasiums und des Fanny-Leicht-Gymnasiums ausweichen.

Der Vereinsvorsitzende will nun den Kontakt zu seinen Kollegen aufnehmen, um eine Zusammenarbeit auszuloten. Außerdem will er sich an den Württembergischen Landessportbund wenden, der in solchen Dingen Erfahrung haben dürfte. Und auch mit der Stadt und Allianz steht Müller in regem Austausch. Entwarnung kann er zumindest für die unmittelbare Zukunft geben. „Wir haben etwas Luft, denn 2016 und 2017 wird sich bautechnisch nichts auf unserer Anlage tun“, sagt Müller. Für den Moment sei das eine gewisse Beruhigung. „Aber zwei Jahre vergehen schnell.“