Tübinger Versorgungsanstalt Das geheime Salär der Ärzte-Königin

Transparenz ist ihr Hobby: Ärztefunktionärin Eva Hemberger Foto: privat

Was verdient die ehrenamtliche Chefin der Tübinger Ärzte-Rentenkasse? Das gehe die Öffentlichkeit nichts an, meint man dort. Nur ein wenig wird der Schleier jetzt gelüftet.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Der Satz gut ein Jahr alt, aber plötzlich wieder aktuell. „Transparenz in Zahlen ist mein Steckenpferd“ – so wurde Eva Hemberger in einer Mitteilung der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg zitiert. Anlass war damals, dass die Heidelberger Zahnärztin zur Vorsitzenden des Haushaltsausschusses gewählt wurde.

 

In einem anderen Ehrenamt hält Hemberger offenbar weniger von Transparenz. Was sie als Präsidentin der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt (VA) für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte mit Sitz in Tübingen verdient, wird extern wie ein Staatsgeheimnis gehütet. Dabei beschäftigen ihre Bezüge seit Monaten Versicherte der VA, Politiker, Medien und Öffentlichkeit.

Palmer rügt „fürstlich Entschädigung“

Angestoßen wurde die Diskussion von einigen Ärzten, die unzufrieden mit der Entwicklung ihrer Rentenansprüche sind. Während diese seit Jahren kaum noch zulegten, so ihre Kritik, stiegen die Verwaltungskosten kräftig. Vor allem die Bezahlung der Präsidentin sei gegenüber ihren Vorgängern sprunghaft gestiegen, angeblich auf etwa 250 000 Euro pro Jahr. Eine Viertelmillion für ein Ehrenamt mit beschränktem Zeitaufwand – das empörte auch den Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer. Die „fürstliche Entschädigung“ gehöre zurückgenommen, schrieb er an den Verwaltungsrat der VA, nötig sei ein „personeller Neuanfang“.

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Stimmt die Zahl, zumindest die Größenordnung? Die Debatte darüber könnte die Ärzte-Rentenkasse schlagartig beenden, wenn sie die Bezüge offenlegen würde. Doch sie belässt es bei einem pauschalen Dementi und beantwortet nicht einmal die Frage, ob der Wert zu hoch oder zu niedrig sei. Palmer erhielt vom Vize-Verwaltungsratschef eine gepfefferte Antwort: er suche offenbar Themen für seinen Wahlkampf und schrecke dabei auch vor Falschbehauptungen nicht zurück. Ebenso wie das „Schwäbische Tagblatt“ müsse er sich eigentlich entschuldigen.

Staatsanwaltschaft lobt Kooperation

Der Lokalzeitung hatte die VA zuvor mit rechtlichen Schritten gedroht. Der Grund: ein Bericht habe den Eindruck erweckt, bei den laufenden Ermittlungen der Tübinger Staatsanwaltschaft gehe es um die Bezahlung Hembergers. Tatsächlich prüft die Behörde aufgrund einer detaillierten Anzeige Zahlungen an hauptamtliche Beschäftigte. Zum Stand des Verfahrens gibt es keine Auskunft, aber ein Sprecher betont, die Versorgungsanstalt kooperiere „umfassend“.

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Gegenüber der Öffentlichkeit hält die VA Transparenz bei Aufwandsentschädigungen weder für „notwendig noch angezeigt“, wie der Vize-Geschäftsführer mitteilt. Man bekomme keine öffentlichen Gelder und sei alleine den Versicherten verantwortlich, die wiederum von demokratisch gewählten Gremien repräsentiert würden. Alle finanziellen Regelungen seien von diesen abgesegnet und selbstverständlich satzungskonform. Vergeblich versuchten einzelne Ärzte, intern Genaueres zu erfahren. Sie hätten keinen Anspruch auf Auskünfte, beschied sie das Stuttgarter Sozialministerium als Aufsichtsbehörde.

Ausgleich für „fiktiven Praxisvertreter“

Inzwischen erläutert die Anstalt immerhin, wie sich die Bezüge der Präsidentin zusammensetzen. Neben der Grundaufwandsentschädigung erhalte sie einen Ausgleich für ihre „aufgrund der hohen Arbeitsbelastung … weitestgehend zurückgefahrene Praxis“. Bei den Vorgängern sei das nicht nötig gewesen, weil sie bereits in Rente waren. Zudem übernehme man die Aufwandsentschädigungen, wenn die Präsidentin in andere Gremien entsandt werde. So amtiert Hemberger als Vizevorstandschefin bei der bundesweiten Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen, ABV.

Nach einer internen Vorlage aus dem Jahr 2017 gab es für den „Grundaufwand“ monatlich 7500 Euro, also 90 000 Euro pro Jahr, für die „fiktive Beschäftigung eines Praxisvertreters“ jährlich weitere 56 000 Euro. Mitglieder des ABV-Vorstandes erhielten gut 20 000 Euro extra, dazu kämen weitere Komponenten. Jährlich sollten die Beträge steigen wie die Saläre von Spitzenbeamten. Bestätigt wird all das nicht.

Rentenversicherung ist voll transparent

Ganz andere Transparenz herrscht bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg, gewissermaßen der „große Bruder“ der Ärztekasse. Die drei hauptamtlichen Geschäftsführer werden dort jeweils ähnlich bezahlt wie ihre VA-Pendants. Die beiden ehrenamtlichen Vorstandsvorsitzenden aber erhalten ungleich weniger als die „Ärzte-Königin“: zusammen kommen sie auf 18 144 Euro – pro Jahr.

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