Schüler des Gymnasiums Rutesheim gründen ihre eigene Schülerfirma – ihr Produkt könnte bald an vielen Schlüsseln hängen. Was steckt dahinter und wie kommt man auf die eigene Geschäftsidee?
Eine eigene Firma gründen, ein Produkt entwickeln und verkaufen – das klingt zunächst nach ambitionierten Plänen aus der Start-up-Szene. Doch genau das haben sieben Schüler der Jahrgangsstufe 1 des Gymnasiums Rutesheim mit ihrer Schülerfirma Vision Layer in die Tat umgesetzt. Im Rahmen eines Seminarkurses entstanden Idee, Produktdesign, Produktionsabläufe und Vertriebsstrategien. Unterstützt werden sie dabei vom bundesweiten Bildungsprogramm IW Junior.
Herzstück des Projekts ist ein kleines, aber durchdachtes Gadget: Ein Aufbewahrungsdöschen, das sich am Schlüsselanhänger befestigen lässt und beispielsweise Platz für Geldscheine, Tabletten oder kleine Gegenstände wie Münzen oder Schmuck bietet. Die Idee entstand aus einem einfachen Problem. „Unsere Generation zahlt fast nur noch mit dem Handy oder mit Karte“, erklärt Schüler Moritz Huttenlocher. „Aber manchmal braucht man eben doch noch Bargeld, beim Bäcker zum Beispiel. Dafür ist unser Produkt gedacht, so hat man immer einen Notgroschen am Schlüsselbund.“
Gründen heißt: machen
Die Geschäftsidee haben die Jungs im Seminarkurs von Lehrer Jannik Gräschus entwickelt, der Erdkunde und Wirtschaft unterrichtet. Der Seminarkurs arbeitet mit IW Junior zusammen, ein Programm des Instituts für Wirtschaft Köln. Das Programm ermöglicht Schülerinnen und Schülern, mit echten Produkten, echtem Geld und echtem Unternehmergeist eine eigene Firma zu gründen. Die Schülerfirmen werden als nicht rechtsfähige Vereine gegründet, was bedeutet, dass sie nicht im Vereinsregister eingetragen sind. Trotzdem bekommen die Jugendlichen einen praktischen Einblick in die Wirtschaft und können diese nicht nur theoretisch kennenlernen, sondern direkt ausprobieren. Inklusive Stolpersteinen, Steuerfragen und Zeitmanagement. Und so entwickelten die Jungs das Konzept für die eigene Marke Vision Layer. Jeder der sieben Schüler hat innerhalb der Firma eine feste Rolle, etwa in den Bereichen Design, Produktion oder Finanzen. Die Abläufe sind dabei weitgehend selbst organisiert, Entscheidungen werden im Team getroffen. Ein Chef im klassischen Sinne existiert nicht. Alle arbeiten gleichberechtigt.
Die Schüler haben sich eigenständig einen 3D-Drucker beschafft, über den inzwischen die gesamte Produktion läuft. Für ein Produkt benötigt der Druckvorgang zwischen 30 und 90 Minuten. Inzwischen gibt es mehrere Varianten, die unterschiedliche Bedürfnisse abdecken sollen.
Die Produktionskosten finanzieren sich über Spenden und Verkaufserlöse. Hier unterstützt das Programm die Schüler durch Spendenurkunden, die sie erwerben und im Freundes- und Familienkreis gegen Spende weiterverkaufen können. Auch der Erlös beim Verkauf der Produkte fließt zurück in die Produktion. „Bei unserem ersten Verkauf in der Schule haben wir 41 Gadgets verkauft. Alles war weg“, sagt Nico Strafella. Momentan kostet ein Gagdget 3,50 Euro. Wenn die Jungs Gewinn machen, wird das Geld gespendet – an „etwas, das uns am Herzen liegt“: ein Projekt, das schwerkranke Kinder unterstützt.
Zwischen Schule und Hausaufgaben
Ein Unternehmen zu führen, klingt cool – ist aber alles andere als easy. „Es ist viel aufwendiger, als wir dachten“, sagt Kilian. „Spaß macht’s, aber es ist echt zeitintensiv.“ In der Hochphase saßen sie täglich stundenlang zusammen. Inzwischen ist der Arbeitsaufwand etwas besser zu planen: Es gibt regelmäßige Meetings, digitale Abstimmungen per WhatsApp und eine klare Aufgabenverteilung.
Trotzdem überwiegt die Begeisterung. Philipp kann sich sogar vorstellen, später mal ein eigenes Start-up zu gründen. Fürs Erste konzentrieren sie sich jedoch auf den Ausbau von Vision Layer. Dazu gehört auch der Social-Media-Auftritt. Über Instagram, insbesondere durch kurze Reels mit Humor und Memes, sollen die Produkte beworben und eine Community aufgebaut werden. Marketing auf Gen-Z-Art eben.
Ihre Lernkurve war und ist steil. Aber genau darum geht es: Wirtschaft lernen, indem man sie lebt. Und wer weiß – vielleicht ist das Mini-Döschen erst der Anfang. Die Schüler tüfteln bereits an neuen Ideen und Produktvarianten. Der Fokus liegt nach wie vor auf praktischen Alltagsgadgets. Ihre Motivation schöpfen sie dabei nicht nur aus dem wirtschaftlichen Erfolg, sondern vor allem aus der Erfahrung, gemeinsam etwas Eigenes auf die Beine zu stellen – ganz im Stil echter Gründer.