Vor zwei Jahren schlug für Erdogan beinahe die letzte Regierungsstunde. Nach dem gescheiterten Putschversuch verhängte der Präsident den Ausnahmezustand. Jetzt ist er zwar aufgehoben. Neue Einschränkungen werden aber bereits vorbereitet.

Ankara - Nach zwei Jahren ist der umstrittene Ausnahmezustand in der Türkei ausgelaufen. Die Maßnahme endete am Mittwoch Mitternacht. Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte den Notstand im Sommer 2016 nach dem gescheiterten Putschversuch ausgerufen und seither sieben Mal verlängert. Die Regierung will indes neue Terrorabwehrgesetze in die Tat umsetzen, die von der Opposition als ebenso repressiv bezeichnet werden wie der Ausnahmezustand.

 

Ein Parlamentsausschuss soll am (heutigen) Donnerstag über die Vorlagen debattieren, eine Abstimmung unter allen Parlamentariern könnte bereits in der kommenden Woche folgen. Die Maßnahmen würden den Behörden erlauben, mit Massenentlassungen von Beamten fortzufahren und Verdächtige bis zu zwölf Tage festzusetzen.

Unter dem Ausnahmezustand sind in der Türkei 75 000 Menschen mit mutmaßlichen Verbindungen zu dem Geistlichen Fethullah Gülen festgenommen worden, rund 130 000 Beamte wurden aus dem Staatsdienst entlassen. Ankara wirft dem im US-Exil lebenden Prediger vor, hinter dem Putschversuch zu stecken. Gülen streitet das ab.

Teile des Militärs putschten gegen Erdogan

Erdogan hatte im Wahlkampf vor seinem Sieg Ende Juni versprochen, den Ausnahmezustand nicht weiter zu verlängern. Der Notstand war jeweils immer nach drei Monaten erneut verhängt worden. Am 15. Juli 2016 putschten Teile des Militärs unter Einsatz von Panzern, Kampfflugzeugen und Hubschraubern gegen Erdogan. Zusammenstöße gab es in Ankara, Istanbul und Marmaris, wo Erdogan seinen Urlaub verbrachte. Tausende Bürger wehrten sich gegen die Armee, nachdem der Präsident sie dazu aufgerufen hatte. 251 Menschen verloren dabei ihr Leben.

Bei Gedenkveranstaltungen am Wochenende hatte Erdogan gesagt, seine Regierung habe Gülens Netzwerk im öffentlichen wie privaten Sektor ausgeschaltet. Die Türkei habe „die Arme des Kraken abgeschnitten“, der in Pennsylvania unter anderem durch Tricks, Lügen und Heimlichtuerei herangewachsen sei. Gülen lebt in Pennsylvania.