Nach der Weigerung Athens droht Ankara Griechenland und der EU mit der Auflösung des EU-Flüchtlingspakts. Die Aussage von Außenminister Mevlüt Cavusoglu blieb allerdings unklar.

Istanbul - Nach dem Urteil der griechischen Justiz gegen die Auslieferung von acht türkischen Soldaten hat Ankara der Regierung in Athen mit der Aufkündigung eines Flüchtlingsabkommens gedroht. „Wir werden die nötigen Maßnahmen ergreifen, darunter die Annullierung dieses Abkommens zur Wiederaufnahme“ von Flüchtlingen, sagte Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Freitag. Ob ein Abkommen mit Athen oder der Flüchtlingspakt mit der EU gemeint war, war unklar.

 

Wiederaufnahmeabkommen zwischen Griechenland und EU unsicher

Griechenlands Oberster Gerichtshof hatte am Donnerstag die Auslieferung von acht türkischen Soldaten abgelehnt, die nach dem gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli mit einem Hubschrauber nach Griechenland geflohen waren. Das Gericht urteilte, den Militärs sei in der Türkei kein fairer Prozess garantiert. Zudem sei nicht auszuschließen, dass sie dort gefoltert würden. Das Urteil hatte in Ankara für erzürnte Reaktionen gesorgt. „Wir prüfen nun, was wir tun“, sagte Cavusoglu am Freitag im Fernsehsender TRT. „Wir haben ein Wiederaufnahmeabkommen zwischen uns und Griechenland, mit der Europäischen Union. Wir werden die nötigen Maßnahmen ergreifen, darunter die Annullierung dieses Abkommens zur Wiederaufnahme.“ Das Gerichtsurteil sei keine rechtliche, sondern eine „politische Entscheidung“ gewesen, kritisierte der Minister. Offen blieb, ob Cavusoglu ein bilaterales Abkommen mit Athen zur Rücknahme illegaler Migranten meinte oder den Flüchtlingspakt mit der Europäischen Union. Das im vergangenen März geschlossene Abkommen sieht vor, dass Ankara alle Flüchtlinge zurücknimmt, die von der türkischen Küste auf die griechischen Ägäis-Inseln gelangen. Die EU versprach Ankara im Gegenzug für die Rücknahme der Flüchtlinge, für jeden zurückgewiesenen Syrer einen anderen syrischen Flüchtling aus der Türkei aufzunehmen. Auch sicherte die EU finanzielle Hilfen für die Versorgung der 2,7 Millionen Flüchtlinge in der Türkei zu. Nicht zuletzt versprach die EU, den Türken rascher Visa-Freiheit zu gewähren, doch gibt es in dieser Frage seit Monaten keine Fortschritte.

Keine Fortschritte für türkische Visa-Freiheit

In Folge des Abkommens ging die Zahl der Neuankömmlinge auf den griechischen Inseln deutlich zurück. Die türkische Regierung drohte aber wiederholt, das Abkommen aufzukündigen. Sie warf der EU vor, sich nicht an ihre finanziellen Zusagen zu halten, was Brüssel zurückwies. Ankara beschuldigte die EU zudem, die versprochene Visa-Liberalisierung zu blockieren. Cavusoglu warf Griechenland nun vor, „Terroristen, Verräter und Putschisten“ zu beschützen. Das Urteil werde „Auswirkungen auf die Beziehungen haben, ob wir das wollen oder nicht“. Die Beziehungen der beiden Nachbarn sind historisch schwierig, doch hatten sie sich in den vergangenen Jahren verbessert. Zuletzt schien sogar eine Lösung des Konflikts auf der zwischen Griechen und Türken geteilten Insel Zypern möglich. Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras verwies am Freitag darauf, dass allein die Justiz für Auslieferungsgesuche zuständig sei und ihre Urteile bindend seien. Zugleich versicherte er, dass „die Verantwortlichen für den Putsch nicht willkommen sind in unserem Land“. Eine Sprecherin der EU-Kommission sagte, sie habe keine Kenntnis von Cavusoglus Äußerungen, vertraue aber darauf, dass das Flüchtlingsabkommen in Kraft bleibe.

Das türkische Justizministerium stellte am Freitag ein zweites Auslieferungsgesuch für die geflohenen Soldaten. Laut der griechischen Nachrichtenagentur ANA bleiben die Militärs in Polizeigewahrsam, da sie illegal eingereist seien. Sie hatten nach ihrer Flucht Asyl in Griechenland beantragt, doch waren die Anträge abgelehnt worden. Derzeit läuft ein Berufungsverfahren gegen die Entscheidung.