Staatspräsident Erdogan erntet intern und extern Kritik und sucht umso mehr die Gunst der Nationalisten. Das verheißt für das Verhältnis zur EU wenig Gutes, kommentiert unsere Korrespondentin Susanne Güsten.

Ankara - Der türkische Präsident Erdogan gerät innen- wie außenpolitisch immer stärker unter Druck. Damit wächst das Risiko einer neuen Krise im Verhältnis zwischen der Türkei und ihren westlichen Partnern, wie ein Rückblick auf den Wahlkampf vor dem türkischen Verfassungsreferendum im vergangenen Jahr zeigt. Damals beleidigte Erdogan führende europäische Politiker mit Nazi-Vergleichen, um türkische Nationalisten auf seine Seite zu bringen. Heute legt sich die Türkei vor allem mit den EU-Mitgliedern Griechenland und Zypern an: Ankara hat zwei griechische Soldaten festnehmen lassen und stört die Suche nach Gasvorräten vor der zyprischen Küste. Zugleich beklagt Erdogan, der Westen verweigere jede Hilfe für die türkische Militärintervention in Syrien.

 

Zu Beginn des Jahres hatte die Erdogan-Regierung ihren Willen betont, in den Beziehungen zu Europa eine neue Seite aufzuschlagen. Vor allem aus wirtschaftlichen Gründen braucht Ankara ein einigermaßen gutes Verhältnis zur EU. Das hindert die Regierung aber nicht daran, Europäer und Amerikaner als Feinde der Türkei zu präsentieren, um innenpolitisch zu punkten. Ende des Monats wollen sich die EU-Chefs mit Erdogan zusammensetzen, um über einen Neuanfang zu reden. Im Moment erscheint neuer Streit wahrscheinlicher als eine Rückkehr zur Zusammenarbeit.