Laut internationalen Medienberichten lässt die Türkei Anhänger der Gülen-Bewegung auf brutale Art und Weise foltern, um an Inforamtionen ranzukommen. Das Land will sich zu den Vorwürfen nicht äußern.

Berlin - Der türkische Geheimdienst betreibt laut einer internationalen Medienrecherche geheime Gefängnisse, in denen Anhänger der Gülen-Bewegung inhaftiert und gefoltert werden. Zwei Opfer berichteten dem ZDF-Magazin „Frontal 21“ und anderen Medien in der am Dienstag veröffentlichten Recherche, sie seien wochenlang in geheimen Gefängnissen festgehalten, verhört und gefoltert worden, um sie zu Aussagen gegen andere Gülen-Anhänger zu zwingen.

 

Männer berichten von ständiger Überwachung

Die als „Tolga“ und „Ali“ bezeichneten Männer gaben an, auf offener Straße von Männern in dunkle Transporter gezerrt worden zu sein. Mit einem Sack über dem Kopf seien sie an einen unbekannten Ort gebracht worden, wo sie über Wochen immer wieder geschlagen, bedroht und gedemütigt worden seien. Ihnen seien Fotos gezeigt worden von anderen Gülen-Anhängern, um sie in Prozessen zu Aussagen gegen sie zu bewegen. In ihren Zellen seien sie ständig überwacht und mit lauter Musik beschallt worden, berichteten die Männer bei der Recherche unter Leitung des Rechercheverbunds Correctiv. Er habe gefesselt, mit einem Sack über dem Kopf nur in Unterwäsche stundenlang stehen müssen, sagte „Ali“. „Nach einiger Zeit hält man das nicht mehr aus, man ist durstig, müde. Wenn man nicht mehr kann, fällt man auf den Boden und dann gab es Faustschläge und Tritte.“

Gülen und Erdogan lange Zeit verbündet

Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch (HRW) haben schon früher Fälle von Entführungen dokumentiert. Dabei wurden die Opfer auf offener Straße in dunkle Transporter gezerrt und in geheime Haftanstalten gebracht, die mutmaßlich vom türkischen Geheimdienst betrieben werden. „Wir müssen davon ausgehen, dass das systematisch ist“, sagte der HRW-Direktor für Deutschland, Wenzel Michalski, „Frontal 21“. Die islamisch-konservative Partei für Entwicklung und Gerechtigkeit (AKP) von Präsident Recep Tayyip Erdogan war lange mit der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen verbündet, bevor sich Gülen und Erdogan 2013 im Kampf um Posten und Macht überwarfen. Heute wirft Erdogan der religiösen Bruderschaft vor, die staatlichen Institutionen unterwandert und versucht zu haben, ihn bei dem Militärputsch im Juli 2016 zu stürzen.

Türkei äußert sich nicht zu den Vorwürfen

Seit dem versuchten Staatsstreich wurden in der Türkei zehntausende mutmaßliche Anhänger der als Terrororganisation verbotenen Bewegung inhaftiert und aus dem Staatsdienst entlassen. Kritiker werfen der Regierung vor, neben tatsächlichen Putschbeteiligten auch zahllose Unschuldige zu verfolgen, die Rechte der Beschuldigten nicht zu wahren und sie aufgrund dürftiger Beweise zu langen Haftstrafen zu verurteilen. Insbesondere wird kritisiert, dass bei den Prozessen oft geheime Zeugen auftreten. Auch „Ali“ und „Tolga“ erklärten sich laut der Recherche von „Frontal 21“ nach wochenlangen Verhören bereit, als geheime Zeugen gegen andere Gülen-Anhänger auszusagen. Daraufhin seien sie freigelassen worden, hätten jedoch ins Ausland fliehen können, wo sie heute leben. Die Türkei äußerte sich auf Nachfrage der Medien nicht zu den Vorwürfen.