In der Türkei ist der traditionelle Mokka mehr als nur ein Heißgetränk. Er ist bei vielen eine Lebenseinstellung. Jetzt haben die Vereinten Nationen den Kaffee sogar zum Welterbe erklärt.

Istanbul - Der Türke Cemal Duman ist Kaffeekocher, seit Jahrzehnten, er ist weißhaarig und weise. Fragt man Duman, 80, was das Geheimnis des türkischen Kaffees ist, sagt er nur: „Der Kaffee.“ Das soll alles sein? Genug, um den Mokka in der Minitasse unter den Schutz der Unesco zu stellen, wie den Dom zu Speyer oder Pompeji? Schon vor einer Weile hatte sich Ankara mit dem Türkentrank bei den Vereinten Nationen beworben – zum Missfallen der griechischen Nachbarn. Die trinken inzwischen zwar lieber Frappé und Freddo, mit Strohhalm, statt am „griechischen Kaffee“ zu nippen, wollen aber auf den Namen nichts kommen lassen.

 

Pech gehabt. Der Türkische Kaffee steht jetzt auf der Liste des immateriellen Welterbes. Delegationen aus 116 Nationen haben das bei einer Versammlung in Baku entschieden. Cemal Duman, der Kahveci in Istanbul, findet das „richtig so“ und rät: „Nur wenn du guten Kaffee nimmst, gibt es auch Schaum.“ Ohne Schaum also kein Mokka, und ohne Mokka viel weniger Mythen. Ein türkisches Sprichwort sagt: „Ein Kaffee, 40 Jahre Erinnerung.“ Das soll heißen: War der Kaffee gut, dann vergisst du nie, mit wem du ihn getrunken hast.

Schon der Prophet Mohammed hat sich mit Kaffee gestärkt

Angefangen hat alles mit der bitteren Bohne in Äthiopien. Schafe sollen sie vom Baum gefressen haben, worauf sie nicht mehr schlafen wollten. Mönche hätten dann mit dem Rösten angefangen und den Kaffee als „Geschenk der Engel gepriesen“, was aber nur eine Legende ist. In der Literatur Arabiens findet man Hinweise, dass sich schon der Prophet Mohammed mit dem Trank gestärkt haben soll. An den Bosporus kam der Kaffee mit Sultan Selim dem Grimmigen und der Eroberung Ägyptens 1517. Fortan war er eng mit der Geschichte des Osmanischen Reiches verbunden. Das erste Kaffeehaus in Istanbul eröffnete 1544. Venezianische Händler brachten die Bohnen dann nach Italien.

Nicht alle Sultane mochten die Kaffeehäuser, sie vermuteten dort aufputschendes Gerede gegen ihre Herrschaft und verboten zeitweise das Geköchel ganz. In Wien sollen die Osmanen nach ihrem zweiten misslungenen Eroberungsversuch 1683 ein paar Hundert Sack Kaffee hinterlassen haben. Andernfalls hätte es auch die „Wiener Kaffeehauskultur“ 2011 nicht auf die Unesco-Welterbe-Liste geschafft.

Nachsüßen? Undenkbar!

Auch in der Türkei haben amerikanische Kaffeeketten inzwischen viel Boden erobert. Aber der traditionelle Mokka ist immer noch mehr als ein Getränk. Jüngste Mode: türkischer Kaffee ganz sanft auf Holzkohle geköchelt. Aus dem dicken Satz in der kleinen Tasse wird dann die Zukunft gelesen – eine orientalische Tradition, die inzwischen mit mehr Spaß als Ernst zelebriert wird. Brauch ist zumindest bei Konservativen auch die Kaffeezeremonie beim ersten Besuch eines potenziellen Schwiegersohns. Gibt das Mädchen Salz in die Tasse des Bewerbers, dann weiß der, dass er besser wieder nach Hause geht.

Türkischen Kaffee gibt es in den Varianten bitter, mittelsüß, süß und sehr süß. Der Zucker wird mitgekocht, nachsüßen geht nicht, schließlich liegt unten im Tässchen der Schlamm. Den schwemmt es auf die Zunge, wenn man den Trank nicht ruhen lässt. „Fünf Minuten“, befiehlt Cemal Duman. Er muss es wissen.