Das Mütterforum und das Ekiz haben in der türkischen Stadt Gaziantep das Konzept des Babycafés vorgestellt.

S-West - Aygül Yildiz hat ein gutes Gespür bewiesen, als sie gemeinsam mit einer Kollegin vor etwas mehr als einem Jahr die Idee hatte, ein türkisches Babycafé im Eltern-Kind-Zentrum (Ekiz) anzubieten. Ein Jahr später leitet Aygül Yildiz zusammen mit Mine Yilmaz den wöchentlichen Treff, der ein Ableger des deutschen Babycafés ist, angepasst an die Bedürfnisse türkischer Frauen.

 

„Türkische Frauen stillen nicht in der Öffentlichkeit, deshalb treffen wir uns in einem geschlossenen und geschützten Raum“, so Yilmaz. Männer hätten normalerweise keinen Zutritt. „Wobei wir demnächst den monatlichen Vatertag anbieten“, so Yilmaz, „die Mütter haben das angeregt und das Interesse bei den Vätern scheint auch vorhanden zu sein.“

Ansonsten ist das Babycafé der deutschen Version recht ähnlich. Die Mütter singen Kinderlieder, basteln und regelmäßig sind Referenten zu einem bestimmten Thema zu Gast. „Je nachdem, was sich die Mütter wünschen“, so Yilmaz. Genauso wie beim deutschen Babycafé gehe es darum, die Mütter aus ihren Wohnungen zu holen. „Bei den türkischen Frauen geht es zudem auch darum, sie zu integrieren und ihnen eine Möglichkeit zu geben, neue Kontakte zu knüpfen“, sagt Yildiz. Sie selbst ist seit acht Jahren in Deutschland. Zu Beginn kannte sie niemand. „Am Anfang war es hier sehr schwierig für mich“, erzählt die 30-Jährige, „aber wir wohnen in der Nähe des Ekiz und hier habe ich schnell Freunde gefunden und mich engagiert“, erzählt sie. Vor dem türkischen Babycafé hatte sie die Bastelstunde geleitet.

„In der Türkei erziehen Mütter ihre Kinder allein zuhause“

Wie wichtig solche Treffs für Mütter sind, hat eine Delegation des Mütterforums und des Ekiz bei ihrem Besuch in der türkischen Stadt Gaziantep erfahren. Auch Aygül Yildiz und Mine Yilmaz gehörten zu der Reisegruppe und haben für die anderen Frauen gedolmetscht.

Ermöglicht hat den Austausch die von der Europäischen Union geförderte Lernpartnerschaft Grundtvig, über die das Ekiz und die Stadt Gaziantep 2007 zusammengefunden haben. „Gaziantep ist sehr fortschrittlich und vorbildlich“, sagt Andrea Laux, Geschäftsführerin des Eltern-Kind-Zentrums. In der Stadt gibt es drei Mütterzentren nach deutschem Vorbild, die von der Kommune finanziell gefördert werden. Die Regel ist das nicht. „In der Türkei erziehen Mütter ihre Kinder eher allein zuhause“, sagt Yilmaz, „dass man sich in einer Gruppe trifft, gemeinsam mit den Kindern bastelt und sie beschäftigt, kurzum, sie frühkindlich fördert, ist dort weitgehend noch kein Thema“, sagt Yilmaz.

Ziel der Reise war der intensive Austausch zwischen deutschen und türkischen Müttern. Andrea Laux’ Sohn Frederik, der Fotograf ist, war auch dabei und hat die türkischen Frauen porträtiert. Stefanie Kapp, die Leiterin des deutschen Babycafés im Ekiz, interviewte die Frauen. „Das war sehr emotional“, sagt sie.

Der Austausch mit anderen Frauen gibt ihnen Mut

Denn trotz des fortschrittlichen Denkens der Stadt Gaziantep hätten es viele Frauen in der Türkei nicht leicht. „Sie müssen gegenüber ihren Ehemännern oft harte Überzeugungsarbeit leisten, um überhaupt ins Mütterzentrum zu dürfen“, sagt Kapp. Die Frauen, die sich durchgesetzt haben, davon sind die Mitglieder der Delegation überzeugt, profitieren von den Mütterzentren. „Die Frauen sind dort unter sich und dort werden auch Tabus gebrochen, wie beispielsweise über häusliche Gewalt zu sprechen“, sagt Kapp. Der Austausch mit anderen Frauen würde ihnen Mut geben und ihre eigenen Stärken offenbaren.

Im März dieses Jahres werden die Frauen aus Gaziantep nach Stuttgart kommen und ihre Besucher aus dem Ekiz und dem Mütterforum wiedertreffen. Zu dieser Zeit soll dann auch im Stuttgarter Rathaus eine Ausstellung über den Aufenthalt in der Türkei gezeigt werden – mit den Fotografien von Frederik Laux und den geführten Interviews.