Der Mannheimer Fernmeldeturm mit Drehrestaurant bietet grandiose Ausblicke über die Rhein-Neckar-Region. Er ist für die Besucher das ganze Jahr über ein Anziehungspunkt – und das nicht nur bei schönem Wetter.

Mannheim - Nicht nur in Stuttgart, sondern auch in etlichen anderen deutschen Städten, von Frankfurt über Nürnberg bis Hamburg, haben in den vergangenen Jahren beliebte Fernsehtürme ihre Tore und Aussichtsplattformen für Besucher geschlossen. In Mannheim hat man sich davon nicht anstecken lassen. Der dortige Fernmeldeturm empfängt seine Gäste wie eh und je – seit nunmehr fast 40 Jahren. Seit 1975 steht er weithin sichtbar schlank und weiß am Rand des Luisenparks am Ufer des Neckars und prägt die Skyline der Stadt. 650 Stufen führen hinauf. Aber die muss natürlich keiner erklimmen. Mit dem Lift ist man in wenigen Sekunden dem Alltag ganz ohne Anstrengung enthoben.

 

Wenn man hinaustritt auf die kleine Aussichtplattform oder eine Etage darüber in das luftige, elegante, Drehrestaurant mit seinen riesigen Fenstern, liegt einem die Stadt und die halbe Rheinebene zu Füßen. Da kann man gar nicht anders als erst einmal schauen und immer nur schauen. Wie in einem grandiosen Film entfaltet sich das Panorama, während der Boden unter einem fast unmerklich anfängt, sich langsam zu bewegen: Vom Königstuhl bei Heidelberg schweift der Blick zum Melibokus im Odenwald, die Rheinebene entlang nach Norden bis Frankfurt und hinüber in den Westen in die Pfalz mit Speyer und der Weinstraße, der Kalmit und dem Donnersberg. Von da geht es weiter Richtung Süden zu den grünen Auwäldern des Rheins nach Karlsruhe und – bei klarem Wetter – bis zu den blauen Höhen des Schwarzwalds.

Die Metropolregion liegt dem Betrachter zu Füßen

„Es ist ein fantastisches Freilichtmuseum, man hat hier oben eine einzigartige Chance, die ganze Metropolregion Rhein-Neckar zu überblicken“, erläutert Christian Specht (CDU), der frühere Chef des Regionalverbandes und heutige Erste Bürgermeister in Mannheim. Immer wieder lädt er deshalb offizielle Gäste zu einer Stippvisite in den Park und hinauf in den Fernmeldeturm. „Es sind jedes Mal alle begeistert, selbst die Landespolitiker“, verrät er schmunzelnd „Man kann von hier oben die Zusammenhänge gut erklären, etwa die Siedlungsentwicklung oder die Bedeutung der Rheinebene für den Verkehr; man erkennt die Achsen der alten Kurpfalz von Schwetzingen bis zu den Welterbestätten von Speyer bis Worms, das ist etwas ganz anderes, als wenn man es auf einer Landkarte zeigt“, sagt Specht.

„Ich gucke jeden Tag aufs Neue“, sagt auch Holger Polomski, der das Drehrestaurant „Skyline“ vor 14 Jahren mit seiner Frau übernommen hat. „Man hat hier an 360 Tagen immer eine andere Aussicht, eine andere Atmosphäre, eine andere Stimmung; wenn es regnet, schneit oder wenn es dunstig oder neblig ist, kann man mit Ach und Krach ein paar Dörfer an Rand der Rheinebene erkennen; an anderen ist der Donnersberg so nah, als sähe man ihn durch eine Lupe, sagt er. „Ich drehe jeden Morgen erst einmal meine Ehrenrunde. Das gönne ich mir!“, sagt Polomski.

Das Drehrestaurant ist oft komplett ausgebucht

Früher sei es öfter vorgekommen, dass Gäste wieder abgesagt hätten, weil das Wetter schlecht geworden war. „Diese Zeiten sind vorbei, heute kann es geschehen, dass man die Hand nicht vor den Augen sieht – und wir sind trotzdem komplett ausgebucht“, erklärt der Restaurantchef. Besonders begehrt sind die Plätze in 120 Meter Höhe an Silvester und am Valentinstag. „Da geht nichts ohne Voranmeldung“. Dennoch ist der Turm noch immer auch ein wenig ein Geheimtipp; meist geht es dort oben beschaulich zu, er ist kein Ziel des Massentourismus. 70 000 Besucher zählt man im Jahr. Morgens ab halb zehn kommen die ersten zum Frühstück, danach gibt es Mittagessen, Kaffee und Kuchen. Am Abend laden gern Firmen ein, es werden Jubiläen, Geburtstage und Hochzeiten gefeiert; das eine oder andere verliebte Paar kommt noch kurz vor Mitternacht hinauf für einen Espresso. „Unser Erfolgsrezept ist es, dass wir hier alles bieten, vom Wurstsalat bis zum Festmenu“, sagt Polomski.

Vor knapp 40 Jahren, als der Turm errichtet wurde, ging es allerdings nicht in erster Linie um eine Publikumsattraktion und ein Aussichtslokal, sondern um die Technik für Rundfunk und um eine bessere Fernmeldetechnik in möglichst zentraler Lage. Die alte Bundespost wollte zunächst bei ihrem damaligen Firmensitz in der Oststadt bauen. Die Stadt setzte sich dann aber mit dem Wunsch durch, das Bauwerk zur Bundesgartenschau 1975 im Luisenpark zu errichten – und es mit einem Drehrestaurant und einer Aussichtsebene zu versehen. Das kann man im Nachhinein als weitblickende Entscheidung bezeichnen. Denn für die Stadt ist der Fernmeldeturm – neben dem sicher noch etwas bekannteren Wasserturm – bis heute nicht nur ein einmaliger Aussichtspunkt, sondern auch ein wichtiges Wahrzeichen.

Mannheim ist stolz auf seinen Turm

Ihm konnte ein Hubschrauber nichts anhaben, der im Jahr 1994 ohne Not exakt mit der Antenne auf der Turmspitze kollidierte und abstürzte, wobei vier Menschen ums Leben kamen. Auch als im April dieses Jahres eines der 36 Panoramafenster wohl aufgrund eines Spannungsschadens anfing zu splittern und von Spezialkräften der Feuerwehr aus dem Rahmen geschlagen werden musste, störte das den Betrieb im Turm nicht.

Techniker sieht man dort heute, im Vergleich zu den Anfangsjahren, nur noch wenige; die meisten Antennen, für die er errichtet worden ist, sind inzwischen demontiert. Doch noch immer gehören 90 Prozent des Turms einer ehemaligen Telekomtochter, zehn Prozent gehören der Stadt Mannheim. 50 000 bis 80 000 Euro lässt sie es sich kosten, dass sie sich bis heute zum illustren Kreis der weltweit nur wenigen Turmstädte mit einem Drehrestaurant zählen darf. Auch wenn man mit den 212 Metern, die der Turm misst, nicht mit den internationalen Riesentürmen im mittleren und fernen Osten mithalten kann, denkt im Mannheimer Rathaus niemand daran, sich aus diesem internationalen Reigen zu verabschieden. „Solange ich im Amt bin, wird das kein Thema sein“, erklärt Christian Specht.

Wer jemals erlebt hat, was für ein Schauspiel es ist, wenn in einem Ballungsraum mit 2,5 Millionen Einwohnern und der größten Chemiefabrik der Welt – der BASF in Ludwigshafen – der Abend kommt, wird ihn verstehen. „Am späten Nachmittag kommen und dann die Dämmerung mit ihren Lichtern genießen“, rät Polomski. „Da vergeht die Zeit wie im Flug“.

Bauwerk mit Außenhaut aus Aluminium

Der Mannheimer Turm wurde vom Stuttgarter Architektenbüro Heinle Wischer und Partner geplant, von dem auch der Stuttgarter Fernsehturm stammt. Er besteht aus einem Schaft aus Stahlbeton mit zwei Aufzügen, der sich nach oben verjüngt und einem Turmkorb mit einer Außenhaut aus Aluminiumblech. Einschließlich der Antenne an der Spitze ist er 212 Meter hoch. Die Fundamentplatte hat einen Durchmesser von 27 Metern und ist drei Meter dick. Die drei obersten Geschosse dienen dem technischen Betrieb, auf den beiden Etagen darunter befinden sich eine Aussichtsplattform und – in 125 Meter Höhe – das Drehrestaurant Skyline. Der Turm steht am Hans-Rescke-Ufer 2, am Rand des Luisenparks. Er ist täglich von 10 bis 24 Uhr zugänglich. Die Liftfahrt kostet fünf Euro, für Schüler, Studenten, Rentner, Behinderte und Gruppen ab zehn Personen gibt es Ermäßigungen.